Offensive in Topform

Kleeblatt-Stürmer lassen die Knoten platzen: Woher kommt die Fürther Offensivwucht?

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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28.4.2024, 20:16 Uhr
Alexander Zorniger herzt seinen Kapitän, der mit zwei Treffern maßgeblich zum Auswärtserfolg beigetragen hat.

© IMAGO/Sportfoto Zink / Melanie Z/IMAGO/Zink Alexander Zorniger herzt seinen Kapitän, der mit zwei Treffern maßgeblich zum Auswärtserfolg beigetragen hat.

Die Saison 2023/2024 begann furios für die Spielvereinigung: Mit 5:0 schickte das Kleeblatt den SC Paderborn am ersten Spieltag nach Hause. Ein Spiel, das Lust machte auf mehr - und das die Hoffnung schürte, dass diese Spielzeit zu einer ganz besonderen werden könnte. Doch schon bald reifte in den Fans die Erkenntnis, dass der Auftritt zum Saisonauftakt eine absolute Ausnahmeleistung bleiben sollte. Besonders hinsichtlich der Offensive: Mit vielen Toren verwöhnte das Kleeblatt seine Fans im Verlauf der Saison wahrlich nicht.

Bis auf wenige Ausnahmen - eben jenes 5:0 gegen den SC Paderborn, ein wildes 4:3 gegen den Karlsruher SC und ein 4:0 gegen den VfL Osnabrück - schoss das Kleeblatt nie mehr als zwei Tore pro Partie. Nun reiht sich die Partie vom 31. Spieltag gegen den SV Wehen Wiesbaden in diese illustre Reihe ein - beim 5:3-Auswärtserfolg begann die Fürther Offensive, die zuletzt sehr viel schuldig geblieben war, streckenweise regelrecht zu zaubern.

Tolle Kombinationen, beeindruckende Einzelleistungen und beendete Flauten

Alle drei Treffer in der ersten Hälfte spielte das Kleeblatt wunderbar heraus. Schnelle Kombinationen im Mittelfeld, schönes Passspiel und filigrane Steckpässe in die Spitze führten letztlich zum Erfolg. Die beiden letzten Treffer sind auf tolle Einzelleistungen zurückzuführen: Auch dem 4:3 ging ein toller Angriff voraus. Und auch wenn Lukas Petkov letztlich etwas glücklich zum Abschluss kam, zeigte der Angreifer endlich sein Potenzial, als er einen Wiesbadener Verteidiger überlegt ins Leere grätschen ließ und dann humorvoll den Ball ins Netz nagelte.

Beim 5:3 stellte Branimir Hrgota, der zuletzt gesperrt fehlte und davor etwas seine Form verloren hatte, einmal mehr sein ganzes Können unter Beweis: Mit einer geschickten Finte ließ der Fürther Kapitän gleich drei Wiesbadener ganz alt aussehen, bevor er Heußer mit mehreren Übersteigern ins Karussell schickte und unhaltbar einnetzte. Das Kleeblatt hätte sogar noch höher gewinnen können, hätten Hrgota (vom Elfmeterpunkt) und Lemperle (frei stehend aus zwei Metern Torentfernung) nicht weitere, aussichtsreichste Chancen vergeben.

Erwähnenswert ist auch, dass gleich mehrere Spieler an diesem Nachmittag persönliche Negativserien beerdigen konnten: Branimir Hrgota traf erstmals seit neun Spielen wieder, Armindo Sieb konnte eine Durtstrecke von sieben Spielen ohne Treffer beenden. Und Dennis Srbeny, der in Fürth bereits als Fehleinkauf abgestempelt war, konnte mit drei Torvorlagen glänzen. Ein Ausrufezeichen des viel kritisierten Stürmers, auch mit Blick auf die kommende Saison.

"Einige Spieler heute, die sich für eine schwierige Saison belohnt haben"

Alexander Zorniger war auf der Pressekonferenz nach dem Spiel anzumerken, wie sehr er sich für seine zuletzt oft enttäuschenden und deshalb nicht wenig gescholtenen Angreifer freute: "Wir hatten einige Spieler heute, die sich für eine bislang schwierige Saison belohnt haben. Denno (Dennis Srbeny, d. Red.) hat drei Kisten vorbereitet und Lukas (Petkov) hat endlich getroffen. Brane (Branimir Hrgota) und Siebi (Armindo Sieb) haben auch wieder getroffen. Das hilft natürlich unglaublich", stellte der Fürther Coach zufrieden - und auch etwas erleichtert - fest.

Aber wieso schaffte es die Spielvereinigung ausgerechnet gegen den SV Wehen Wiesbaden, in der Offensive dermaßen zu überzeugen? Schließlich tat sich der Fürther Angriff im bisherigen Saisonverlauf immer schwer gegen tief stehende Gegner, die dem Kleeblatt den Ball überließen - zuletzt gut zu sehen bei der Niederlage gegen den VfL Osnabrück, als die Zorniger-Elf kaum offensive Durchschlagskraft entwickeln konnte.

Mit dem Mut der Verzweiflung?

Möglicherweise ist die unverhoffte Wiederauferstehung des Fürther Angriffs dem Spielverlauf geschuldet: Durch den frühen 2:0-Rückstand blieb dem Kleeblatt kaum etwas anderes übrig, als sein Heil in der Offensive zu suchen. Gut möglich auch, dass Branimir Hrgota mit seiner intensiven Ansprache an die Mannschaft für die nötige Aufbruchstimmung gesorgt hat, um das bereits verloren erschienene Spiel noch herumzureißen. War es am Ende vielleicht der Mut der Verzweiflung, der dem Kleeblatt nach unglücklicher Anfangsphase drei spektakuläre Punkte bescherte?

Zur Wahrheit gehört sicher auch, dass der SV Wehen Wiesbaden über weite Strecken der Partie nicht zweitligareif verteidigte. Besonders vor dem 2:2 und dem 2:3 taten sich im Mittelfeld eklatante Löcher auf - die Abstände zwischen den Wiesbadener Spielern waren viel zu groß, sodass sich die Fürther teilweise unbedrängt durch die Reihen der Rot-Schwarzen kombinieren konnten. Doch im Gegensatz zu vergangenen Partien verfügte die Spielvereinigung an diesem Nachmittag auch über die nötige Kreativität und Entschlossenheit, aus den Fehlern der Gastgeber Kapital zu schlagen.

Günstiges Zusammenspiel mehrerer Faktoren - Kleeblatt fährt "entspannt" nach Hause

Kreativität, Spielwitz, Überzeugung im Abschluss und eine verunsicherte Wiesbadener Defensive - letzten Endes war es wohl eine Kombination all dieser Faktoren, die dem Fürther Angriffsspiel an diesem Sonntagnachmittag ordentlich Aufwind verlieh. Auch wenn es in den kommenden Wochen möglicherweise wieder schwieriger mit dem Herausspielen klarer Torchancen wird - eine Erkenntnis sollte die Spielvereinigung aus dem Spiel gegen Wiesbaden gewinnen: Manchmal ist Angriff die beste Verteidigung. In der zweiten Hälfte wurden die Wiesbadener immer dann gefährlich, wenn das Kleeblatt sich zu sehr zurückzog, um den Vorsprung zu verwalten.

Im Gegensatz zum Großteil der Saison war es an diesem Sonntagnachmittag die furiose Offensive, die eine fehleranfällige Defensive kaschierte und dem Kleeblatt ein Erfolgserlebnis bescherte. Eine Erkenntnis, die Alexander Zorniger ein Stück weit über die haarsträubenden Fehler vor den Gegentoren hinwegtrösten dürfte. Zumindest stellte der Coach fest: "Wir waren vor der Weihnachtspause auf dem zweiten Platz in der Defensivtabelle. Das werden wir nicht mehr schaffen. Aber zumindest tut es unseren Fans und auch den neutralen Zuschauern gut, dass wir so viele Kisten gemacht haben. Damit fahren wir jetzt entspannt nach Hause."

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