Nutzung des Quelle-Areals: Wer will was?
4.2.2014, 07:00 UhrÜber eines sind sich die Nürnberger Räte einig: Der Westen der Stadt soll mithilfe der Quelle-Wiederbelebung wachgeküsst werden. Die Gewerbefläche von 250.000 Quadratmetern des ehemaligen Versandhauses bietet eine einmalige Chance, zumal laut Oberbürgermeister Ulrich Maly kaum eine Ratssitzung vergehe, ohne dass sich über den Flächenmangel in der Frankenmetropole beschwert werde. Wie die Nutzung des Areals in Zukunft konkret aussehen soll, darüber ist, teilweise sogar fraktionsintern, eine heftige Diskussion entbrannt. Wir haben die Standpunkte aller Beteiligten zusammengefasst:
Sonae Sierra
„Wir sind sehr offen, im Moment können wir uns vieles vorstellen“, betont Martin Philippen, Projektleiter des portugiesischen Investors Sonae Sierre. Zu diesen Vorstellungen gehören weitere Gewerbeflächen, ein Hotel, Büros, Wohnungen und der von Musikfreunden geforderte Konzertsaal. Zudem bot die Holding der Stadt Teile des Außengeländes für den symbolischen Kaufpreis von einem Euro an. Ein Teilabriss kommt für die Portugiesen allerdings nicht infrage.
SPD
Die Sozialdemokraten teilen größtenteils die Ansicht des Investors. Sie brachten außerdem eine Nutzung des Quelle-Areals durch die technische Fakultät der Uni Erlangen-Nürnberg ins Gespräch, was allerdings von den zuständigen Landesministerien abgelehnt wurde. Die Partei will das denkmalgeschützte Gebäude lieber sanieren als abreißen. Aus diesem Grund initiierte Stadtrat Michael Ziegler eine Online-Petition, die den Bürgern die Gelegenheit gibt, ihren Widerstand gegen den Abriss deutlich zu machen.
CSU
Die Christsozialen warnen davor, sich allein auf die Pläne des Investors zu verlassen. Eine Ausweitung der zurzeit genehmigten Einzelhandelsfläche werde die Fraktion "keinesfalls mittragen", kündigte der OB-Kandidat der CSU Sebastian Brehm an, da ein Einkaufszentrum zu stark mit den Innenstädten Fürth und Nürnberg konkurrieren würde. Landesfinanzminister Markus Söder schlug dagegen einen Teilabriss und die Neubebauung der frei gewordenen Fläche vor. Immer wieder fällt dabei der Begriff der "Quelle-Stadt", in der unter anderem Wohn- und Grünflächen sowie ein technisches Gymnasium Platz finden würden.
Untere Denkmalschutzbehörde
Da das Quelle-Gebäude unter Denkmalschutz steht, würde die Behörde bei einem Abbruchantrag ihr klares Veto einlegen. Statt dessen stelle eine Sanierung kein unlösbares Problem dar, wie Bau-Experte Gerhard Steinmann bestätigt. Dazu könnte der Komplex energetisch und statisch saniert werden, sowie zum Schutz der markanten Fassade eine Dämmung von innen und eine Erneuerung der Fenster erfolgen. Den Eigentümer dürfte eine solch aufwändige Renovierung allerdings einiges kosten.
Neue Mieter
Fast 250 neue Arbeitsplätze sind seit der Pleite des Versandriesen im Jahr 2009 in den alten Räumlichkeiten entstanden. Künstler, Architekten und Designer haben alte Büros angemietet, im Erdgeschoss gibt es sogar eine Zweiradwerkstatt. Die neuen Nutzer freuen sich über niedrige Mieten und wehren sich gegen Markus Söders Abrisspläne. "Es soll so bleiben wie es jetzt ist. Das Gebäude ist eine tolle Möglichkeit für Künstler, sich zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen", fordert der Fotograf Christopher Mau. Fakt ist, dass auch andere Großstädte durch Künstlergemeinschaften in alten Industriekomplexen an Attraktivität gewannen.
Um sich an der Diskussion zu beteiligen, können Sie unter dem Artikel "Nürnbergs Zankapfel "Quelle": Abriss oder Erhalt?" einen Kommentar verfassen.