Wanderer auf historischen Wegen
24.4.2015, 18:04 UhrWie kam es eigentlich zum Paul-Pfinzing-Weg rund ums Nürnberger Land? Er ist nach dem Nürnberger Patrizier Paul Pfinzing benannt, der 1594 den Pfinzing-Atlas über das Nürnberger Territorium schuf. Dieser Atlas ist jedoch von seinen Maßen her (71cm breit,
51 cm hoch) und einem Gewicht von 9 kg nicht mit heutigen Atlanten vergleichbar.
Paul Pfinzing, ein Meister der Kartographie, widmete seiner Liebe zum Kartenwerk viel Zeit. Wahrscheinlich stand er in Kontakt zur Akademie in Altdorf oder
zu Nürnberger Gelehrtenkreisen. Er revolutionierte die Kartographie des 16. Jahrhunderts und entwickelte, weil ihm das Einspielen der Kompassnadel zu lange dauerte, das „Vortel“, ein Gerät zur Kartenaufnahme, sowie einen Schrittzähler.
Pfinzing griff auf bereits vorhandenes Kartenmaterial zurück und überarbeitete dies. Seine Karte von Hersbruck, in der er Talauen blaugrün, Hänge braun einfärbte und Hochflächen weiß hervorhob, gilt als Meisterstück. Da der Kartograph auf „bildliche Überladung“ verzichtete und die Signaturen vereinfachte, waren die so entstandenen Karten sehr klar und übersichtlich.
Mit den von ihm entwickelten
Meßmethoden war es möglich, neben Orten, Straßen und Gewässern auch Felseinschnitte, einzelne Bäume oder Baumgruppen in das Werk einfließen zu lassen. Da sich der Kartograph auch im Festungsbauwesen ausbilden ließ, konnte er der Stadt militärische Skizzen liefern.
Paul Pfinzing der Ältere war zu seiner Zeit der „Meister der Nürnberger Kartographie“. Bis zur bayerischen Landvermessung Mitte des 19. Jahrhunderts gab es im fränkischen Raum keine einzige Karte, die mehr topographische Einzelheiten zeigt als Pfinzings Kartenzeichnungen. Die Karten sind so genau, dass man sich heute noch vom Flugzeug aus mit ihrer Hilfe orientieren könnte, die Fehlerquellen dabei lagen bei rund zehn Prozent. Als ein Glanzstück gilt sein Pfinzing-Atlas, der im Original im Staatsarchiv Nürnberg erhalten ist. Andere Originalarbeiten verwahrt das Germanische Nationalmuseum.
Wir blicken über 500 Jahre zurück: Nach Ende des Bayerischen Erbfolgekriegs spricht im Jahr 1505 König Maximilian I. den Nürnbergern so viel zuvor kurpfälzisches oder zum Herzogtum Landshut gehöriges Land zu, dass Nürnberg hinter Ulm zum zweitgrößten reichsstädtischen Gebiet aufsteigt. 1513 richtet man eine Verwaltungsbehörde ein, das „Landpflegamt“, denn Nürnberg ist nun die Obrigkeit, der die hohe Gerichtsbarkeit als auch die Steuer- und Wehrhoheit zustehen. Die im Gelände nicht überall ersichtliche „Fraisch“-Grenze war vor allem den Einheimischen genau bekannt. Regelmäßige gemeinsame Grenzbegehungen, nachweisbar bis in das Jahr 1729, zu Fuß und zu Pferd, mit 30 bis 90 Teilnehmern, sollten deshalb den rund 85 Kilometer
langen Grenzverlauf allen Betroffenen immer wieder einvernehmlich ins Gedächtnis rufen.
Stets waren auch Kinder dabei: Sie sollten in späteren Jahrzehnten den Grenzverlauf bezeugen. Zu ihrer lebhaften Erinnerung wurde an wichtigen Stellen Salve geschossen oder schmerzhaftes Haarrupfen durchgeführt. 1650 bei Nonnhof „sind einem Bauernjungen namens Jacob Hirschmann zwo Haarropffen gegeben, und ihme neben Verehrung etlicher Kreuzer dabey gesagt worden, er solle es fleißig mercken, daß die Nürnberger Fraißbereitter ihme solche Haarropffen zum Denckmal gegeben haben.“
Auch wir wollen gemeinsam auf Paul Pfinzings Spuren unterwegs sein und durchaus dabei denken und fleißig merken. Ohne Kreuzer zwar, aber auch ohne „Haarropffen“ – versprochen!, sagt Hans Treuheit, der Vorsitzende der Hersbrucker FAV-Gruppe.
Der Fränkische Albverein (FAV) hat vor vielen Jahren den ehemaligen Grenzverlauf zum Anlass genommen, hier den Wanderer auf historischen Wegen zu führen. Pfinzing zu Ehren wurde das Markierungszeichen mit doppeltem P auf gelbem Grund gewählt. Und wer in der Frankenalb auf Wanderschaft geht, wird immer wieder auf dieses Zeichen stoßen.
Um den Wanderweg bekannter zu machen und auch zu erklären, was es mit diesem Zeichen auf sich hat, haben sich Hersbrucker FAV-Mitglieder entschlossen, diesen Grenzverlauf abzuwandern und laden dazu auch Gäste ein. Am vergangenen Wochenende startete der Wandertross mit über 30 Teilnehmern in Reichenschwand. Über Morsbrunn und Hormersdorf erreichte die Truppe am späten Nachmittag unter leuchtend blauem Himmel das vereinseigene Wanderheim am Hohenstein. Auf einem der schönsten naturbelassenen Pfade im landschaftlich reizvollen Gebiet rund um die Windburg am Osternoher Schloßberg hatten die Teilnehmer einen herrlichen Blick hinüber auf ihr Tagesziel, die Burg Hohenstein.
Das Wanderheim des Fränkischen Albvereins wurde vor über 50 Jahren unterhalb der Burg erbaut, und als im September 1962 die feierliche Einweihung erfolgte, bestimmten Lodenmantel, Bundhose und schwere Lederstiefel das Bild um den Fachwerkbau. Diese Ausrüstungen haben sich im Laufe der Jahrzehnte schon deutlich gewandelt. Die modernen Wanderschuhe wiegen nur noch einen Bruchteil der einstigen Lederschuhe und mit Funktionskleidung und leichteren Rucksäcken läßt es sich einfach leichter laufen. Nur eines hat sich im Wandel der Zeit nicht geändert – die Lust in der heimatnahen Natur zu wandern.
Am nächsten Morgen, bei strahlendem Sonnenschein, stiegen die Wanderer über das Treufer Tal hinab ins Pegnitztal. Über Vorra lief die Gruppe hinüber zum Hirschbach. Bei Fischbrunn wurde für diesmal, nach ungefähr dem ersten Drittel, der PP-Weg verlassen – dort wird am heutigen Samstag wieder angeknüpft. Es geht gemütlich bis Hartmannshof und am Sonntag bis Lieritzhofen.
Der Pfinzingweg (FAV-Weg Nr.13) ist als Rundweg markiert, die gesamte Wanderstrecke gibt der FAV mit 98,1 Kilometer an. Mit moderner Technik gemessen und nicht, wie es teilweise Pfinzing tat, hoch zu Roß und mit Pferdeschritten abgemessen. Wobei dazu nicht jeder Gaul taugte – er musste exakt die doppelte Schrittlänge Pfinzigs nachweisen.
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