Buntes Straßenfest gegen braunes Gedankengut
14.6.2015, 19:52 UhrCellomusik und Vorwürfe an die Adresse der Ermittlungsbehörden prägten die von rund 200 Teilnehmern besuchte Gedenkkundgebung für den im Juni vor zehn Jahren ermordeten Imbissverkäufer Ismail Yaþar an der Scharrerstraße, die vom Nürnberger Bündnis Nazistopp organisiert wurde. Seda Baþay Yildiz, die die Nürnberger Opferfamilie Þimþek im Münchner NSU-Prozess vertritt, erinnerte daran, wie die Angehörigen der Mordopfer jahrelang zu Verdächtigen abgestempelt wurden. Während die Behörden ihre Drogenmillieu- und Mafia-Theorien ohne konkrete Anhaltspunkte immer weiter verfolgt hätten, sei der Terror der rechtsextremen Täter ungestört weitergegangen, auch in Nürnberg. Selbst nachdem die Wahrheit durch Zufall ans Tageslicht gekommen sei, ständen bis heute viele Hintergründe und die Hintermänner der Taten noch immer im Dunkeln.
Samba und Ballett im Zeichen der Toleranz
Das Straßenfest am Aufseßplatz warb mit Infoständen und kulturellen Veranstaltungen wie Sambamusik oder Ballettvorführungen für ein Nürnberg ohne Rassismus und Diskriminierung, aber auch hier überwogen die ernsten Töne: Bühnenmoderator Frank Hotze warnte vor dem „allgegenwärtigen Rassismus“, der sich auch in der jüngeren Vergangenheit immer wieder gezeigt habe. „Wir wollen in diesen Zeiten ein Zeichen für Brüderlichkeit und Toleranz setzen und euch die Energie geben, auf diesem Weg weiterzumachen“, meinte er.
Als Vertreterin der Stadt rief auch Stadträtin Gabriele Penzkofer-Röhrl dazu auf, den „Ewiggestrigen“ weiterhin tatkräftig die Stirn zu bieten: „Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit dürfen keinen Platz in Nürnberg haben.“ Die Art und Weise, wie im Anschluss an die NSU-Morde die Familien der Opfer vom „Schmerz des Todes und dem Alptraum der Verdächtigungen“ traumatisiert worden seien, mache sie auch heute immer noch wütend.
Angesichts von nach wie vor aufkeimenden Vorurteilen und Ressentiments sei es wichtig, dass in Nürnberg auch positive Signale gesetzt wurden. Die SPD-Stadträtin erwähnte hier Aktionen wie den Gedenkstein für Ismail Yaþar oder den „Weg der Religionen“, bei dem am Freitag Menschen verschiedener Religionen eine Radtour zu einem islamischen, einem christlichen und einem jüdischen Gotteshaus zurücklegten.
„Unser Straßenfest versteht sich als Ort der Begegnung und des Dialoges von Menschen unterschiedlicher kultureller oder ethnischer Herkunft, es ist aber auch ein politisches Statement gegen Rassismus und rechte Propaganda in unserer Stadt“, betonte Eylem Gün vom veranstaltenden
Aktionsbündnis.
Dass solche Propaganda tatsächlich im Stadtbild präsent ist, zeigte beim Fest etwa eine Infowand des Bunten Tischs Gartenstadt: Seine Mitglieder dokumentieren hier zahlreiche rechtsradikale Parolen und Aufkleber, die seit Jahren in der Gartenstadt und den Siedlungen im Stadtsüden auftauchen.
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