Neuhaus: Wer schimpfte, kam ins "Narrenhäuslein"
11.2.2019, 17:29 UhrEine Sehenswürdigkeit im Aischgrund: Malerisch liegt das Crailsheimsche Schloss bis heute nördlich der Ortschaft Neuhaus. Der Familienchronist Sigmund von Crailsheim geht davon aus, dass sich der Name seiner Familie von dem Wort "Kreul" ableitet. Dies könnte entweder die Bezeichnung für eine hakenähnliche Waffe, ein Werkzeug, oder Kralle bzw. Keule bedeuten. Mitglieder dieser Familie erbauten wohl eine Burg an der Jagst, aus der sich später die Stadt Crailsheim entwickelte.
Das Geschlecht der Crailsheim waren eine sehr kinderreiche Dynastie. Chronist Sigmund von Crailsheim benötigte 1741 zwei Bände, um die Linien, Familienäste und Besitzverhältnisse zu schildern. 1545 kamen unter Wolf dem Glückseligen das Gut und die Ortschaft Neuhaus als Lehen (Besitz) des Bistums Bamberg in den Besitz der Neuhauser Crailsheim. Ein Wolf Bernhard hat dann 50 Jahre später durch einen Erbvergleich den Besitz erweitert und blieb bis zu seinem Tod im Jahre 1652 in Neuhaus, wo er auch das Schloss errichtete. 1628 erließ dieser Wolf Bernhard eine Dorf- und Gerichtsordnung. Vorher hatte er allerdings noch etliche Händel mit dem Bamberger Bischof auszufechten, denn Neuhaus war sehr zum Missfallen des Bamberger Bischofs 1558 evangelisch geworden. Und Wolf Bernhard widersetzte sich 1628 dem Erlass des Bischofs, den evangelischen Pfarrer in Neuhaus abzusetzen. Da der Befehl des Bischofs nicht fruchtete, fielen 1631 Reichsritter mit einem katholischen Priester in Neuhaus ein, unterbrach den Gottesdienst und setzte anstelle des evangelischen Priesters den katholischen ein. Erst Jahre später und nach der Ermordung dieses Priesters hatten die schriftlichen Einsprüche und Beschwerden Erfolg und in Neuhaus durften wieder evangelische Gottesdienste gehalten werden.
Im Jahr 1628 erließ Bernhard die Crailsheimische Gerichtsordnung für Neuhaus und Biengarten: In 63 Artikeln wird dort das Leben in den genannten Orten geregelt. Es ist festgelegt, dass jährlich vier Gerichtstage abgehalten werden sollen, dass eine Buße zu zahlen ist, wenn jemand zum angesetzten Termin nicht vor Gericht erscheint. Verurteilte müssen ihre Geldbußen innerhalb von 14 Tagen begleichen, für nachweisliche unwahre Behauptungen vor Gericht soll Strafe bezahlt werden. Ebenso für Faustschläge gegen einen Kontrahenten, wenn sie dem Angeklagten nachgewiesen werden können. Generell wurden Prügel oder Schläge unter Streitenden mit einem Bußgeld bestraft.
Eicheln sammeln nicht erlaubt
Was die innere Sicherheit in den Ortschaften angeht, so wurde festgelegt, dass kein Fremder länger als eine Nacht beherbergt werden sollte. Gegen Kuppelei und sogenannte "Winkelehen" (heimlich geschlossen Ehen ohne Priester und ohne Trauzeugen) sollten für ungültig erklärt und die betreffenden Personen mit Geldbußen bestraft werden. Wirte, die in ihren Gaststuben Spiele dulden, bei denen es um Geldeinsätze ging, wurden ebenso bestraft wie die Spieler selbst.
Sehr ausführlich ist der Strafenkatalog, wenn es sich um Vergehen in Wald, Feld und Flur handelt. Hier hagelte es empfindliche Geldstrafen für "unerlaubtes Holzhauen im Wald", für das Versetzen der Mark- oder Grenzsteine sowie das Hüten von Haustieren außerhalb der gesetzlich festgelegten Zeiten. Auch das unerlaubte Sammeln von Eicheln war mit einer Geldbuße belegt — sie dienten als unverzichtbares Schweinefutter.
Die Wirte waren angehalten, den Wein, den sie ausschenkten, "anzuzeigen" (zu melden)! Und der Vogt (Hochrichter) durfte von jedem neu gezapften Wein zuerst kosten, um den Ausschank schließlich zu genehmigen. In Paragraf 51 der Gerichtsordnung geht es "um ungebürlich geschrey" und da heißt es, weder "mannß- noch weibspersonen" dürfen "nächtens mit ,geschrey uff der gassen gehen oder laufen‘"; Verstöße wurden mit einem Gulden Strafe belegt.
Letztlich geht es auch um "Schmehworte", also um Schimpfwörter. Wer einen anderen "einen ,dieb heist oder ein hurenkind‘, der wird mit einem halben Gulden bestraft, und wer ,ein weib eine hure … oder eine metzen (Metze = Dirne)‘ nennt, der soll mit dem Tragen der Halsgeige bestraft werden oder ins ,Narrenhäuslein‘ gesperrt werden." Das Narrenhäuslein war eine Art Holzkäfig, der drehbar war. In ihm wurden die Verurteilten hin- und hergeschwenkt, sodass sie "halber oder ganz narrisch" wurden.
ZWolfgang Wüst (Hrsg.), Marina Heller: Die "gute" Policey im Reichskreis, Band VIII, 2018, 824 Seiten, ISBN 978-3-940804-08-2, 58 Euro.
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