28. März 1969: Die Bauern wetzen nun die Messer

28.3.2019, 07:00 Uhr
28. März 1969: Die Bauern wetzen nun die Messer

© Frey

In Buch steht der Schmiedemeister Ulrich Lindner am Amboß und formt mit kräftigen Hammerschlägen den rotglühenden Stahl. Schon in der vierten Generation versorgt seine Familie die Spargelbauern des Knoblauchslandes mit diesem wichtigen Instrument, von dessen Länge und Schärfe der Erfolg einer Ernte wesentlich abhängt.

28. März 1969: Die Bauern wetzen nun die Messer

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Im Handel gibt es zwar auch Spargelmesser, doch sind diese nur rund 30 Zentimeter lang und für den Feldspargelbau kaum zu verwenden. Der Grund hierfür: Die mit dem Spargelpflug angelegten Beete sind höher und breiter, als die üblichen Beete in den Kleingärten. Die Messer würden also die Stange weit über der Wurzel abtrennen und so zu kurz werden lassen. Ein Stück der Stange bliebe ungeerntet in der Erde und würde verfaulen.

Rohstahl aus dem Ruhrgebiet

Der Meister bezieht den Rohstahl aus dem Ruhrgebiet in den handelsüblichen Maßen von etwa drei Meter Länge, 25 Millimeter Breite und fünf Millimeter Stärke. Das Stahlband wird dann in 40 Zentimeter lange Stücke geschnitten. Rotglühend, bei 800 bis 900 Grad Hitze werden sie auf die Länge von 50 Zentimeter ausgeschmiedet.

Unter dem Luftkrafthammer werden sie vorgeformt und dann mit der Hand auf dem Amboß nachgeschmiedet, bis sie die richtige haardünne Schneide an ihrem unteren Ende haben. Sie darf nur 25 bis 30 Millimeter breit sein, damit sie beim Stechen nicht die noch nicht ausgereiften Stangen von der Wurzel trennt. Die Federstahlklinge des Spargelmessers mit seiner besonders hohen Festigkeit darf sich nicht biegen, denn die gestochene Stange muß auch bei härterem Boden mit der Klinge aus dem Boden gehoben werden. Ein zu weicher Stahl wäre hier fehl am Platze. Nach dem Härten wird die Klinge noch mit der Feile bearbeitet.

Der obere Teil des Messers ist spitz ausgeschmiedet, damit der Holzgriff aufgesetzt werden kann. Der handliche Griff wird vorgebohrt, eingebrannt und wenn der Stahl erkaltet ist, auf die Spitze geschlagen. Durch einen Abschlußring bekommt er den endgültigen Halt. Früher trugen die Spargelmesser unterhalb des Griffs das Zeichen des Schmiedes, auch Ulrich Lindners Vater hat noch diesen Brauch geübt. Heute lassen sich die Spargelbauern ihre Zeichen einschmieden, damit das richtige Messer immer in die richtige Hand kommt.

Etwa 500 bis 600 Klingen muß der Schmiedemeister jedes Jahr nachschleifen, denn sie werden bei der Ernte stumpf. Je feiner und schärfer die Schneide, um so sauberer die Schnittfläche. Auch von ihrer Beschaffenheit hängt nicht zuletzt der Preis für den Spargel ab, der gefordert werden kann. Ungenügend scharfe oder gar schartige Schneiden lassen das untere Stangenende ausfransen.

Rund 100 bis 150 neue Spargelmesser verlassen in jedem Jahr vor der Saison die Schmiede in Buch, sie finden reißenden Absatz. Wenn wir den duftenden Spargel aus erster Ernte wieder auf dem Teller haben, dann sollten wir auch einmal an den Mann denken, der mit geübtem Hammerschlag das Instrument formt, das die Stangen aus dem Erdreich hebt.

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