Am Ziel
13.12.2019, 19:10 UhrSchon als Josia Topf ins Wasser ging, wusste er, dass es gut werden würde. Das Wasser, das er so gut kennt, in der Halle, in der er so viele Stunden verbringt. Beim Röthelheim-Cup am Wochenende wollte er den ersten Versuch wagen, sein allergrößtes Ziel zur erreichen. "Sobald man das Wasser berührt, weiß man, ob es ein gutes oder eher ein hartes Rennen wird", sagt der 16-Jährige. Nach 25 Metern "muss man noch einmal alles geben, bei mir lässt die Kraft dann etwas nach". Beim Anschlag war es klar.
"Das war fabelhaft", sagt Topf. "Die Leute von meinem Verein sind ausgerastet, sie haben getobt. Das hat mich durchs Wasser getragen." So feierten alle von der SSG 81 Erlangen mit. Über 50 Meter Delfin ist Topf einen Weltrekord geschwommen, für die Paralympics knackte er die Norm über 50 Meter Rücken und 50 Meter Freistil. Beide Male unterbot er die Zeit klar, im Rückenschwimmen sogar um drei Sekunden. Das ist die halbe Welt. "Da war ich sehr, sehr gut." Das war, wie das so ist im Leistungssport, geplant. Trotzdem kam es überraschend, dass es im ersten Anlauf geklappt hat. Im Trainings-Zyklus hat die Phase des Leistungs-Höhepunkts gerade erst begonnen.
Möglich ist eine Qualifikation überall auf der Welt, bei einem Wettkampf muss nur die Zeit digital gemessen werden. Was die Schwimmer für Tokio leisten müssen, gibt die Bundestrainerin vor. "Es gibt eine A- und eine B-Norm", sagt Topf. Als B-Schwimmer ist man dabei, meist zum ersten Mal, "um reinzukommen, die Atmosphäre zu spüren und mitzurangeln mit den Großen". A-Schwimmer sollen einen Podest-Platz schaffen.
"Das war das Ziel, das ich mir als
kleiner Junge gesteckt habe."
Für Josia Topf werden es die ersten Paralympischen Spiele sein. "Ich habe darauf seit sieben Jahren jeden Tag hin gearbeitet. Das war das Ziel, das ich mir als kleiner Junge gesteckt habe. Mit 17 Jahren wird es hoffentlich, wenn ich weiterhin so trainiere und mich nicht verletzte, so passieren." Im deutschen Schwimm-Team wird er zu den Jüngsten gehören, wenn sich eine Sportlerin aus Berlin nicht qualifiziert, sogar der Allerjüngste sein. "Ich kann es noch nicht fassen", sagt Topf. "Doch die Bundestrainerin hat sich bei mir gemeldet, dass ich die B-Norm geschafft habe."
Die ganze Schinderei hat sich gelohnt. Von seiner Leistung bei den Weltmeisterschaften war der Erlanger erst noch enttäuscht. Eine Woche Pause gönnte er sich danach, mehr nicht. "Wir sind nach der WM im September sofort ins Training reingegangen", sagt Topf. Nur einmal musste er zwischenzeitlich zwangspausieren wegen einer Mittelohrtzündung. Ansonsten hat er durchgepowert. "Jetzt bin ich bei jeder meiner Strecken eine neue Bestzeitung geschwommen." Zwei weitere Marken sollen noch fallen. Bei einem Wettkampf in Amsterdam greift Topf die 200 Meter Freistil an. "Da bin ich sicher, dass ich das mit einer besseren Bahn-Einteilung schaffe." Und die Zeit über 150 Meter Lagen soll fallen. Auch da ist er optimistisch.
Dann beginnt das olympische Jahr. "Es wird noch einmal mehr Stress." In der Schule will er deshalb aber nicht nachlassen. "Es wird sehr hart. Jetzt bin ich in der Q11, man merkt, die Lehrer haben angezogen", sagt er. "Wir haben die Einheiten vom Kraft- als auch vom Schwimmtraining erhöht, damit ich in Tokio vielleicht unter die besten sechs schwimmen kann."
Jeden Morgen steht Josia Topf auf und macht seine Kraftübungen. Dann legt er sich hin, "ballert mit den Beinen durch". Alles für eine noch bessere Ausdauer. Alles für Tokio.
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