10. Januar 1969: Bald ist die Stadt vom Eis befreit

K. N.

10.1.2019, 07:00 Uhr
10. Januar 1969: Bald ist die Stadt vom Eis befreit

© Ranke

Gegen die Angriffe können sich die Einsatzgruppen schlecht verteidigen: sie sind unterwegs, um die Straßen wieder zu ihrer ursprünglichen Breite freizuschaufeln. Straßenreiniger und Hilfsschneeräumer hacken in allen Stadtteilen in mühevoller Kleinarbeit die festgefrorene Schneedecke auf und schieben die freigewordenen Massen zusammen. 30 Lastwagen der Straßenverkehrsgenossenschaft sind von 6 bis 16 Uhr unterwegs um die Eisschollen zu den Kanalschächten und Müllplätzen zu bringen.

Nürnberg verfügt jedoch über ein Straßennetz von 750 km Länge, auf das rund drei Kubikmeter (cbm) Schnee in den vergangenen Tagen herabfiel. 40.000 Lastwagen würden benötigt, um diese Schneemassen in einem Tag zu bewältigen. Ein Lastauto kann pro Tag bei zehn Fuhren 70 cbm Schnee beseitigen – Nürnberg wird also täglich nur von 2.100 cbm Eis befreit. Für das Stadtreinigungs- und Fuhramt ist es in erster Linie wichtig, die Fahrbahnen zu räumen; die Parkplätze kommen erst später dran. Die Insel Schütt wird leider noch eine Zeitlang eine Schneewüste bleiben, ebenso wie viele andere öffentliche Parkplätze.

Gerade die Personenwagen, die so dringend eine freigeschaufelte Abstellfläche benötigen, erschweren dem Räumungstrupp die Arbeit. In Ermangelung eines Parkplatzes stellen die Fahrer ihre Autos nicht mehr wie früher direkt neben oder auf den Gehsteig, sondern vor die aufgetürmten Schneewälle. Die störenden Eisberge können dann jedoch nicht abgetragen werden. Zum anderen behindern diese Wagen die Räumfahrzeuge, für die es häufig kein Durchkommen gibt.

Auch von zahlreichen Unfällen weiß Heinrich Dorn, Leiter des Stadtreinigungs- und Fuhramtes zu berichten. Einige Räumfahrzeuge wagten sich zu nahe an den Schneewall heran, gerieten ins Rutschen und rammten die abgestellten Autos. Diese Pkw sind es auch, die den Einsatz von Frontladern verhindern. Sie würden in den ohnehin schon engen Straßen, die zudem noch teilweise als Parkplatz dienen, den Verkehr völlig blockieren.

Die gleichen Sorgen bedrücken die Müllabfuhr, deren schwere Fahrzeuge ebenfalls Schwierigkeiten haben, zu ihrem Bestimmungsort – die Mülltonnen auf dem Gehsteig – zu gelangen.

Voll des Lobes ist deshalb Heinrich Dorn für all jene Kraftfahrer, die selbst zu Pickel und Schaufel griffen und ihre luftige Garage freischaufelten. Wenn diesem guten Beispiel noch mehr Pkw-Fahrer folgten, könnte auch die Stadt ihre schwere Aufgabe schneller bewältigen.

Trotz allem ist die Stadtreinigung zuversichtlich; sie erwartet, daß im Lauf dieser Woche die größten Schwierigkeiten gemeistert sind und wieder normale Verkehrsverhältnisse in Nürnberg einkehren. Sie macht allerdings darauf aufmerksam, daß nicht alle Schneeberge weggeräumt werden; nämlich an den Stellen, an denen keine Verkehrsbehinderungen entstehen.

Auf diese Weise soll dem Stadtsäckel und nicht zuletzt dem Steuerzahler manche Mark erspart werden. Der Schneefall hat die Stadt bisher schon 100.000 DM gekostet. Bei diesem Betrag wird es aber nicht bleiben. Das Wetteramt hat bereits wieder Schneefälle angekündigt.

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