25-Jährige wegen Menschenhandels verurteilt

17.10.2016, 20:57 Uhr

Sex ohne Kondom, ein breit gefächertes Dienstleistungsangebot und das alles zum Schnäppchenpreis: So wurde Maria R. (Namen geändert) in einschlägigen Internet-Portalen angepriesen. Freiwillig tat die 18-Jährige das jedoch nicht.

Die junge Mutter hatte aus materieller Not 2013 ihre Heimat Ungarn verlassen, um als Prostituierte zu arbeiten. Allerdings nach ihren Regeln und mit der Zusage, die Hälfte der Einnahmen behalten zu können.

An ihren neuen Arbeitsplätzen, zunächst in der Schweiz, später in Modellwohnungen in Erlangen und Nürnberg, war davon aber nicht mehr die Rede. Ihre Ex-Kollegin war inzwischen die Freundin des Zuhälters und zur Aufpasserin aufgestiegen. Die heute 25-Jährige führte die Verhandlungen mit den Freiern, wies Maria R. an, was sie zu tun habe, knöpfte ihr den Verdienst ab und überwachte sie rund um die Uhr. Im Sommer 2014 befreite die Polizei Maria R. aus einem Bordell in Dresden. Über zwei Jahre später sagte R. in Nürnberg gegen ihre Landsfrau aus.

Prügel und Todesdrohungen, die der 25-Jährigen ursprünglich vorgeworfen worden waren, konnte Maria R. vor Gericht nicht mehr konkret schildern. Auch Orte und Zeitpunkte verwechselte die Zeugin, die als schwer traumatisiert gilt. Dennoch, da waren sich Staatsanwältin und Richter einig, nutzte die Angeklagte die Lage der jungen, mittellosen und damals etwas naiven Maria R. aus, um sie auszubeuten. Die 25-Jährige und ihr damaliger Lebensgefährte bestritten ihren Lebensunterhalt aus den Einnahmen der 18-Jährigen. Der Mann sitzt derzeit in der Schweiz in Untersuchungshaft.

Polizisten aus Nürnberg und Zürich hatten als Zeugen einen Einblick in den Arbeitsalltag und die sozialen Hintergründe junger Prostituierter aus Südosteuropa gegeben. Jadwiga, die Fachberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel (siehe rechts), bestätigt diese Beobachtungen: In vielen Fällen leben die Frauen in ihrer Heimat unter prekären Verhältnissen, werden oft ethnisch oder politisch verfolgt. In ihrer ausweglosen Situation entscheiden sie sich freiwillig, als Prostituierte zu arbeiten. „Sie sehen darin die einzige Möglichkeit, ihre Familien zu ernähren“, so Sabine Weimert von Jadwiga. In Deutschland würden Absprachen zur Aufteilung der Einnahmen nicht eingehalten. In anderen Fällen würden die Frauen mit der Aussicht auf eine Stelle in einem Privathaushalt oder einer Fabrik ins Ausland gelockt und vor Ort mit ihrem neuen Tätigkeitsbereich konfrontiert, so die Jadwiga-Mitarbeiterin.

Die Fachberatungsstelle unterstützt betroffene Frauen. Können sie flüchten, sind sie in der Regel mittel- und wohnungslos. Mit Hilfe von Sprachmittlerinnen versuchen die Jadwiga-Mitarbeiterinnen abzuklären, was sie brauchen: zum Beispiel eine sichere Unterkunft, ein Kleidungs- und Hygienepaket für die ersten Tage und medizinische Hilfe. Entscheidet sich eine Frau, wie Maria R., gegen ihre Peiniger auszusagen, begleiten die Mitarbeiterinnen sie auch auf diesem Weg.

 

Jadwiga hilft Opfern von Frauenhandel

Jadwiga ist eine Fachberatungsstelle für Opfer von Frauenhandel. Trägerin ist die ökumenische Organisation „Stopp dem Frauenhandel“. Die Unterstützung reicht von psychosozialer Beratung bis zu Begleitung in Krisensituationen. Unter anderem vermittelt Jadwiga sichere Unterkünfte, organisiert medizinische Behandlung, begleitet bei Ämtergängen, Zeugenaussagen, Wohnungs- und Jobsuche. 2015 betreute der Verein bayernweit 178 Klientinnen. 119 Frauen waren von sexueller Ausbeutung betroffen, andere von Arbeitsausbeutung, Ehrenmorddrohungen, Zwangsheirat oder Zwangsbeschneidung. Jadwiga wurde heuer mit dem Frauenförderpreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet. Weitere Infos und Spendenkonto unter

www.jadwiga-online.de

Keine Kommentare