Brandanschlag auf Flüchtlingshäuser: Soko "Vorra" ermittelt
12.12.2014, 22:00 Uhr+++ In der Nacht auf Freitag brannten geplante Flüchtlingsunterkünfte in Vorra. An den Wänden fanden sich rechte Schmierereien, darunter auch Hakenkreuze.
+++ Die Polizei geht von Brandstiftung aus, mittlerweile ermittelt auch der Staatsschutz. Eine 20-köpfige Sonderkommission "Vorra" wurde noch am Freitag ins Leben gerufen.
+++ Der Bayerische Innenminister, Joachim Herrmann, will Flüchtlingsunterkünfte im Freistaat noch mehr sichern lassen. "Wir werden alles dafür tun, dass Flüchtlinge in Bayern und Deutschland sicher sind", sagte Herrmann.
Aus den Fenstern quoll schwarzer Rauch, auf den Wänden stand "Kein Asylat in Vorra", daneben prangte ein Hakenkreuz. Die Innenstadt des Städtchens im Nürnberger Land gleicht am Tag nach dem Brandanschlag einem Kriegsgebiet, der Geruch von Ruß liegt noch unverkennbar in der Luft.
Eigentlich sollten in die ehemalige Gaststätte schon Anfang des nächsten Jahres Asylbewerber einziehen, die Sanierungsarbeiten standen unmittelbar vor dem Abschluss. "Es spricht einiges dafür, dass es sich um Brandstiftung handelt", sagte ein Polizeisprecher. Auch ein Brandbeschleuniger wurde am Tatort gefunden. Noch am Freitag wurde die etwa 20-köpfige Sonderkommission "Vorra" ins Leben gerufen. Für Hinweise auf die Täter hat sie 5000 Euro Belohnung ausgeschrieben.
Die Anwohner in Vorra sind schockiert, Politiker und Polizei alarmiert. Volker Herzog, Bürgermeister in Vorra, sagte am Freitag, dass es in der Vergangenheit keinerlei fremdenfeindliche Anzeichen oder "rechte Umtriebe" aus der Bevölkerung gegeben habe. Erst auf Nachfragen kam der SPD-Politiker auf eine "Clique" zu sprechen, die sich seit zwei bis drei Jahren in einem Wochenendhaus am Waldrand oberhalb Vorras gelegentlich trifft und "dort ihre Lieder singt".
Erste Spur führt zu einer "Clique"
Es gebe Hinweise, dass sie aus dem rechtsextremen Spektrum kommen, sagte Herzog. Auch deshalb stünde die Gruppierung seit längerer Zeit unter Beobachtung der Polizei. "Auswärtige" seien sie, soviel sei bekannt. Ansonsten blieb die "Clique" bislang unauffällig. Auch von der Polizei habe er nie Informationen über die Gruppe bekommen.
Weil das Gebäude noch leer stand, wurde bei dem Brand niemand ernsthaft verletzt. Ein Großaufgebot der Feuerwehr mit etwa 150 Einsatzkräften kämpfte gegen die Flammen, ein Feuerwehrmann erlitt bei den Löscharbeiten leichte Verletzungen. Der Gesamtschaden liegt bei etwa 700.000 Euro, schätzt die Polizei. Eine Anwohnerin hatte Donnerstagnacht den Brand in der Gaststätte in der Hirschbacher Straße entdeckt und gegen 22.45 Uhr die Feuerwehr alarmiert.
"Die Unterkünfte sind für uns verloren"
Der Brand griff in der Nacht auf Freitag auch auf weitere Gebäude über, auch sie standen in Flammen. Der Feuerwehr gelang es jedoch nach eigenen Angaben rasch, die Brände zu löschen. Die Gaststätte aber trug schwere Schäden davon: Der Dachstuhl wurde in Mitleidenschaft gezogen, alle betroffenen Häuser sind nun unbewohnbar.
"Die Unterkünfte sind für uns erst einmal verloren", sagte Eugen Ehmann, stellvertretender Regierungspräsident von Mittelfranken. Ursprünglich war der Einzug von rund 70 Asylbewerbern noch vor Weihnachten, also in wenigen Wochen, geplant. Für Ehmann, der in Sichtweite des ausgebrannten früheren Gasthofs wohnt und sogar Augenzeuge des nächtlichen Feuers wurde, ist die Nutzung der Gebäude als Flüchtlingsunterkunft ungewiss.
"Man muss nun schauen, wie der Besitzer der Anwesen auf den Brandschaden reagiert", sagte Ehmann. Die Gebäude wurden von der Kaufmann GmbH und Co. aus Nürnberg saniert. Der Gasthof samt der dazugehörigen Scheune und dem in der Nähe liegenden Wohnhaus gehört zu insgesamt 50 Objekten, die die Regierung von Mittelfranken zur Flüchtlingsunterbringung angemietet hat.
Zahl der Übergriffe steigt
Der Fall Vorra ist nicht der erste Übergriff dieser Art. Das Bundeskriminalamt (BKA) zählte von Januar bis September bundesweit 86 rechtsextrem motivierte Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und damit mehr als 2012 und 2013 zusammengenommen. Darunter fallen sehr unterschiedliche Delikte – von Farbschmierereien über Sachbeschädigungen bis Brandstiftungen.
Bereits Ende November brannte es in einer ehemaligen Chemiefabrik in Erlangen-Eltersdorf, die zuvor ebenfalls als Flüchtlingsunterkunft ins Auge gefasst worden war. Auch hier gehen die Ermittler von Brandstiftung aus. Die Polizei Mittelfranken betonte nun jedoch, dass sich das ehemalige Bürogebäude frühzeitg als ungeeignet für eine Asylunterkunft erwies. Daher wurde es bei den konkreten Planungen nicht mehr berücksichtigt.
Zeugen, die im Zusammenhang mit den Bränden in Vorra verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben oder Hinweise auf den oder die Täter geben können, werden gebeten, sich an den Kriminaldauerdienst Mittelfranken unter der Telefonnummer 0911 / 2112 - 3333 zu wenden.