Ein Weltmeister im Anflug auf Erlangen
7.2.2013, 00:00 UhrNach den ersten Minuten Zweitligahandball an der Seite von Sebastian Preiß, sagt Frank Bergemann, war auch Slawa Gorpishin wieder zufrieden mit der Welt und mit Frank Bergemann. Bergemann, der Trainer des HC Erlangen, steht auf dem Dach des großen Einkaufszentrums in Erlangen und erzählt von früher. Bergemann hat sehr gute Laune, was vor allem daran liegt, dass die Zukunft schön wird beim HCE. Im Sommer kehrt Sebastian Preiß zurück, inzwischen Handball-Weltmeister. Einer, den Bergemann entdeckt hat. Preiß sagt: „Er ist mein Mentor.“
Der Mentor erzählt auf dem Dach – Preiß gibt währenddessen ein Fernsehinterview, davon, wie das damals war mit Preiß, dem 17-jährigen Talent aus Ansbach und eben Gorpishin, dem zweimaligen russischen Olympiasieger, die sich am Ende des vergangenen Jahrtausends in der Handballstadt Erlangen begegneten. Damals, als alles seinen Anfang nahm.
Beide spielten für die HG. Wobei, anfangs spielte nur Gorpishin, Preiß war ja nur ein Talent, das, 16 Jahre alt, vom TSV Zirndorf nach Erlangen gewechselt war. Trotzdem wollte Bergemann ihm bald eine Chance geben in der 2. Liga, nur Gorpishin fand das nicht so gut — und sagte das auch. Nach der Premiere sagte Gorpishin: „Musst du Acht-Jahres-Vertrag machen, Frank.“ Hätte Frank auch gemacht, nur war die Sache mit den Talenten und dem Handball damals schon schwierig in Erlangen, weil die Perspektiven begrenzt waren.
Wenn man mehr versuchte, ging es schief: Die HG zerbrach wenig später krachend beim Versuch, die erste Liga zu erzwingen. Man trennte sich von Bergemann, investierte abenteuerliche Summen in internationale Profis – und zog sich, hoch verschuldet, im Jahr 2001 in die Bayernliga zurück. Das Talent Preiß ging in die Handballhauptstadt: 2001 wechselte er nach Kiel, war dort aber oft nur Ersatz für den Weltklassespieler Markus Ahlm und zog 2005 der besseren Perspektiven wegen weiter nach Lemgo.
Da war er längst Nationalspieler und deutscher Meister, nicht mehr nur das Talent. In Lemgo hatte er die beste Phase seiner Karriere, kaum einer in Deutschland, der am Kreis besser war als Preiß. Außer vielleicht Christian Schwarzer, mit dem Deutschland 2007 Weltmeister wurde. Preiß kam im Viertelfinale gegen Spanien ein letztes Mal zum Einsatz, ein Weltmeister ist er trotzdem.
Ziel erste Liga
Im Sommer kommt der Weltmeister zurück nach Erlangen, was eine Sensation ist für den Handball in der Stadt und für Bergemann. „Das ist ein Zeichen dafür, dass wir Perspektiven für die Zeit nach der Karriere aufzeigen können“, sagt Bergemann. 32 Jahre alt wird Preiß am Freitag, die Zeit nach der Karriere ist da nicht mehr so fern. Er hätte in Lemgo bleiben können, hat dort gebaut. Trotzdem geht er zurück in die 2. Liga.
Für zwei Jahre bleibt Preiß zunächst in Erlangen, er soll in dieser Zeit nicht nur Handball spielen. In der Firma von Aufsichtsrat Ralf Koczwara soll Preiß arbeiten — üben für die Zeit nach der Karriere. An die Zeit vor der Karriere denkt dann wieder Bergemann. Natürlich, sagt der Trainer, hat er Preiß das alles zugetraut: Titel, Länderspiele. „Er war einer, der an sich gearbeitet hat. Wille schlägt Talent“, sagt Bergemann.
Jetzt kommt er als Anführer zurück. Nach 145 Länderspielen soll Preiß auch ein Zeichen sein an die Konkurrenz: Erlangen meint es ernst, die erste Liga ist das Ziel, auch wenn das öffentlich noch keiner sagen will. Und wenn die Erwartungen zu groß werden an einen Verein, der ja trotz Pleiß immer noch dabei ist, Strukturen zu schaffen? Bergemann gibt sich entspannt. Am Ende, davon ist er überzeugt, werden wieder alle zufrieden sein mit der Handballwelt in Erlangen, mit Bergemann — und mit dem Weltmeister Sebastian Preiß.
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