Flüchtlinge am Hallplatz: Trockener Hungerstreik ab Dienstag?

7.7.2014, 15:01 Uhr
Knapp 20 Asylbewerber kämpfen am Nürnberger Hallplatz für ein Bleiberecht. Nun erwägen sie einen trockenen Hungerstreik.

© Eduard Weigert Knapp 20 Asylbewerber kämpfen am Nürnberger Hallplatz für ein Bleiberecht. Nun erwägen sie einen trockenen Hungerstreik.

BAMF-Präsident Manfred Schmidt bedauerte, "dass Flüchtlinge offensichtlich von einer Unterstützerszene instrumentalisiert werden." Den Asylbewerbern selbst werde "damit in keiner Weise geholfen", sagte Schmidt am Freitagnachmittag. Zuvor hatte um 9.30 Uhr eine Polizeiaktion die Besetzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge beendet. Etwa 35 protestierende Asylbewerber wurden abgeführt. Doch die Proteste gehen an anderer Stelle weiter: Seit Samstag um 9 Uhr befinden sich 15 am Hallplatz campierende Flüchtlinge in einem Hungerstreik.

Die Resonanz von politischer Seite sei allerdings gering, sagt Naqib Hakimi, ein Sprecher der Flüchtlinge. So gering, dass die rund 20 Asylbewerber den Protest ab Dienstag verschärfen könnten. Ein trockener Hungerstreik steht im Raum, allerdings ist noch nichts entschieden. Hakimi und den anderen Männern ist bewusst, welches Risiko sie damit eingingen. „Aber die Politik muss uns endlich hören.“

 Die Ereignisse im Überblick:

+++ Die Hauptforderung der protestierenden Flüchtlinge: ein Bleiberecht in Deutschland.

+++ 39 Flüchtlinge harrten nach Polizeiangaben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vor dem BAMF aus. Laut einem der Asylbewerber wollten die Demonstranten den Hof möglichst lange besetzt halten, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

+++ Das BAMF hatte am Freitagmorgen von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht, nachdem die zuvor erteilten Platzverweise weitestgehend wirkungslos geblieben waren. Deshalb schritt die Polizei um 9.30 Uhr ein. Um ungefähr 11.30 Uhr war die Aktion beendet.

+++ "Die Polizei geht gewalttätig gegen uns vor", sagte einer der Flüchtlinge vor dem BAMF. "Neun Personen mussten, teilweise auch mit unmittelbarem Zwang, aus dem Gelände gebracht werden, drei entfernten sich freiwillig vor dem Einschreiten", heißt es von Seiten der Polizei.

+++ Einige Demonstranten hatten sich mit Eisenketten aneinandergekettet und mussten mit Bolzenschneidern getrennt werden. Sie wehrten sich mit Händen und Füßen. Insgesamt verlief die Aktion laut Polizei aber ruhig.

"Ein Teilnehmer durchbrach kurzfristig die polizeiliche Absperrung und überstieg den Zaun, um in das Gelände zu gelangen. Er wurde allerdings festgenommen. Im weiteren Verlauf kam es immer wieder zu kleineren Auseinandersetzungen mit den Einsatzkräften. In einem Fall wird hier Anzeige wegen Widerstand und Körperverletzung erstattet."
- Robert Sandmann, Polizeisprecher

Rund 200 Teilnehmer bei Demo in Nürnberg

Seit Anfang Mai campieren etwa 30 Flüchtlinge in einem Zelt am Nürnberger Hallplatz, wollen auf ihre Situation aufmerksam machen. Dort versammelten sich am Donnerstagmittag auch rund 200 Menschen, um für ein Bleiberecht, eine Abschaffung der Residenzpflicht, der Lagerpflicht und gegen die Essenspakete zu demonstrieren. Die Protestierenden zogen an der Lorenzkirche und am Hauptbahnhof vorbei in Richtung Frankenstraße zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dort fand gegen 14.30 Uhr die Hauptkundgebung statt.

Hintergrund: Flüchtlingspolitik und das Frühstücksbuffet im Sozialsystem.

Anschließend war die Veranstaltung eigentlich beendet, ein Großteil der Teilnehmer verließ den Hiroshima-Platz vor dem BAMF. Etwa 50 bis 70 Asylbewerber sowie einige Sympathisanten harrten aber weiter vor dem BAMF im Innenhof aus. Unter ihnen: Rund 30 Flüchtlinge aus Oberfranken, die extra nach Nürnberg gekommen waren. Sie alle verlangten ein Gespräch mit dem Präsidenten des Amtes, Manfred Schmidt, wollten sofort Antworten auf ihre Fragen und forderten die Anerkennung ihrer Asylanträge.

Am Donnerstagabend kam schließlich Bewegung in die Sache. Der Abteilungsleiter Asyl des BAMF sowie zwei weitere hochrangige Vertreter der Behörde zogen sich mit vier Flüchtlingen zu Gesprächen zurück. Im Gegenzug erklärten sich die Demonstranten wohl dazu bereit, ihren Protest zu beenden. Bis zum späten Donnerstagabend hätte sich jedoch nur die Hälfte zum Gehen bewegen lassen, erklärte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Es habe dabei keine Ausschreitungen gegeben, so der Sprecher. Der Rest, etwa 40 Asylbewerber, besetzte den Hof des BAMF über Nacht.

Probleme bei Verständigung

Die Kommunikation mit den Asylbewerbern hatte sich nach Polizeiangaben grundsätzlich schwierig gestaltet. Die Flüchtlinge sprechen unterschiedliche Sprachen, einen bestimmten Vertreter gab es in der Gruppe nicht. Daher hatte die Polizei den Flüchtlingsrat als Vermittler hinzugezogen.

Mehr Hintergrund: Flüchtlingspolitik in Zahlen - Nürnberg und Deutschland.

Die Polizei hatte am Donnerstag mit Beginn der Aktion den Hof des BAMF abgeriegelt. Die BAMF-Mitarbeiter durften das Gebäude nach Feierabend verlassen, hinein durfte aber niemand mehr, auch die Presse nicht.

Eine Spontandemonstration von etwa 70 Sympathisanten, Asylbewerbern und linken Aktivisten vor dem Gelände konnte die Polizei zügig auflösen. Kurzzeitig war es dennoch im Bereich vor dem Bundesamt zu Staus gekommen. Die vierspurige Frankenstraße vor dem Gebäude war bis zur Mittagszeit am Freitag einseitig gesperrt.

Stadt Nürnberg erlässt Auflagen

Aus Sorge um die Gesundheit und das Leben der Hungerstreikenden wird die Stadt Nürnberg in Absprache mit der Polizei im Laufe des Montags, 7. Juli 2014, eine Reihe von Auflagen erlassen. Der Versammlungsleiter vor Ort wird verpflichtet, die Aktion zu beenden, wenn die Gesundheitsgefährdung der Beteiligten zu groß ist. Außerdem soll ein Arzt die Flüchtlinge mindestens zwei Mal täglich untersuchen.

Der Versammlungsleiter und seine Stellvertreter dürfen sich nicht am Hungerstreik beteiligen, weil sie selbst in der Lage sein müssen, für die Sicherheit und Ordnung während der Versammlung zu sorgen.

Der beauftragte Arzt und die Rettungsdienste müssen jederzeit ungehinderten Zutritt zur Versammlungsfläche einschließlich des Zelts haben. Dort dürfen die Streikenden keine weiteren Zelte aufbauen und keine weiteren Gegenstände wie zum Beispiel Betten und Toiletten aufstellen.

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