Jugendliche attackieren Rettungssanitäter am Pegnitzgrund
29.4.2018, 09:05 UhrGegen 21 Uhr wurde der Rettungsdienst zu einem Einsatz unter der Theodor-Heuss-Brücke an den Nürnberger Pegnitzwiesen gerufen. Dort sollte eine bewusstlose Person Hilfe benötigen. Als die Johanniter eintrafen, fanden sie allerdings keine Ohnmächtige vor, dafür eine Gruppe stark alkoholisierter junger Leute. Eine 17-Jährige litt zudem unter akuter Atemnot. Der Bewusstlose sei wieder aufgewacht und weggegangen hieß es, sagte Nadine Brantl, Sprecherin der Johanniter Mittelfranken. Als die Rettungssanitäter der jungen Frau mit Atemnot helfen wollten, stürzte sich plötzlich deren stark alkoholisierte Freundin dazwischen. Sie beschimpfte den Notarzt und schlug auf ihn ein. "Meine Kollegen brachten die 17-Jährige mit Atemnot darauf im Fahrzeug unter, um ihr gezielt helfen zu können", erklärt Brantl.
Da eskalierte die Situation. Die Freundin hatte sich Verstärkung geholt und plötzlich griffen laut Johanniter fünf junge Männer die Rettungssanitäter sowie das Einsatzfahrzeug an. Die Polizei sprach von drei männlichen Angreifern im Alter von 16 bis 18 Jahren. Glasflaschen und mit Wasser gefüllte PET-Flaschen flogen.
Ein 18-jähriger Jugendlicher schlug mit der Faust so stark auf den Rettungswagen ein, dass er auch Dellen davontrug. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Tausend Euro. Auch das Handy eines Notarztes befand sich im Besitz des aggressiven Jugendlichen, der genaue Sachverhalt wird aber noch geklärt, so die Polizei.
Sowohl der Notarzt als auch das Team der Johanniter orderten Verstärkung von der Polizei. Vier Streifen kamen, davon zwei des USK. "Das war aber Zufall, die Kollegen waren gerade im Stadtgebiet unterwegs", sagte der Sprecher der Polizei Mittelfranken.
Bis die Polizei eintraf, eilten Passanten den Rettungssanitätern zu Hilfe. Sie hielten die Gruppe der jungen Leute zurück, damit sich die Sanitäter um die verletzte junge Frau kümmern konnten.
Notarzt musste Faustschläge einstecken
"Dafür sind wir sehr dankbar, es ist selten, dass Passanten Zivilcourage zeigen, denn solche Einsätze sind natürlich gefährlich", sagt Johanniter-Sprecherin Brantl. Verletzt wurde bei dem Einsatz niemand. Der Notarzt musste ein paar Faustschläge einstecken. "Ein paar blaue Flecken trägt er sicherlich davon", so Brantl. Die Johanniter-Sprecherin beteuert, an diesem Einsatz seien nur erfahrene Kräfte beteiligt gewesen. "Die haben allesamt Deeskalations-Trainings absolviert und wissen, wie sie mit Patienten umgehen müssen, die nicht behandelt werden wollen."
Doch die Jugendlichen seien so aggressiv gewesen und hätten unter Alkoholeinfluss gestanden, dass mit ihnen nicht zu reden gewesen war.
Ein Sprecher der Polizei gibt zu Bedenken, dass die Gewalt gegen Einsatzkräfte zugenommen habe. Dies sei auch insofern problematisch, da es sich bei vielen der Rettungskräfte um Ehrenamtliche handle, die ihre Freizeit opferten, um anderen zu helfen.
Die Theodor-Heuss-Brücke ist ein Einsatzort, den die Beamten in den Sommermonaten häufiger anfahren. Immer wieder komme es dort zu Pöbeleien oder Schlägereien, sagt ein Polizeisprecher. Der Einsatz dauerte von 21 bis 22.30 Uhr an.
Innenminister Herrmann meldet sich zu Wort
Innenminister Joachim Herrmann meldete sich auf den Einsatz mit einem Statement zur Wort: "Der jüngste Angriff auf vier Johanniter-Rettungskräfte und einen Notarzt in Nürnberg ist völlig inakzeptabel." Gewalt gegen Helfer in der Not stehe für ihn auf absolut unterster Stufe. "Eine solch sinnlose Aggressivität können und werden wir nicht dulden! Ich bin froh, dass unsere Polizei die Täter schnell festnehmen konnte." Es sei jetzt wichtig, dass der Rechtsstaat ein Zeichen setze: Die Angreifer müssen schnell und hart bestraft werden.
Herrmann erinnert dabei an die im Mai 2017 in Kraft getretene Strafverschärfung bei Gewalt gegen Polizeibeamte und Einsatzkräfte. Es zahle sich aus, dass die bayerische Forderung nach einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten für tätliche Angriffe umgesetzt wurde, sagt er.
Die fünf festgenommenen Jugendlichen sind indes wieder freigelassen worden. Doch der Katalog an strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegen drei von ihnen ist lang. Sie müssen sich neben dem Angriff auf die Rettungskräfte auch wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung, versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie versuchten Diebstahls verantworten. Letzerer kam dadurch zu Stande, dass das Handy des Notarztes während des Einsatzes plötzlich verschwunden war, später jedoch auf Druck der Polizei wieder auftauchte.
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Der Artikel wurde am 29. April um 9.05 Uhr aktualisiert