Türkei entzieht türkisch-deutschem Filmfest die Unterstützung
2.3.2018, 16:09 UhrDiesmal sollen wieder die Filme im Mittelpunkt stehen. 2017 war das Festival unter politischen Druck geraten, weil kurz vor Beginn der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel in Istanbul festgenommen worden war und die Beziehungen der beiden Länder die Frostgrenze erreicht hatten.
Vom Tisch sind mittlerweile auch die Zuschüsse, die das Festival viele Jahre aus Ankara erhielt – die angesichts von Präsident Erdogans Regierungskurs aber immer fragwürdiger geworden waren. Die dadurch fehlenden 50.000 Euro, rund ein Fünftel des Gesamt-Etats, drückten die Stimmung bei der gestrigen Pressekonferenz spürbar.
Schlöndorff kommt, Halil Ergün kommt auch
Deren Thema war deshalb noch vor der Vorstellung des diesjährigen Programms die finanziell klamme Lage des Festivals. Man habe, so Festivalchef Adil Kaya, angesichts der Entwicklungen aber "viel Glück" gehabt. Die übrigen langjährigen Partner halten der Veranstaltung die Stange, einmalig wird diesmal wohl die Robert-Bosch-Stiftung einspringen, und einen großen Teil des Finanzlochs habe die Stadt Nürnberg gestopft; trotz des persönlichen Engagements von OB Ulrich Maly "eine Kraftanstrengung", wie Michael Bader vom KunstKulturQuartier betonte.
Das Publikum darf sich also trotz allem erneut auf ein umfangreiches Filmangebot freuen. Den Programmmacherinnen Sinem Ilterli und Ayten Akyildiz ist es auch diesmal gelungen, über 40 Filme nach Nürnberg zu holen, ebenso wie zwei prominente Ehrenpreisträger, Volker Schlöndorff und Halil Ergün, die zur Eröffnung am 9. März in die Tafelhalle kommen.
Eingeschränkte künstlerische Freiheit
Mit Schlöndorff, dessen Markenzeichen Literaturverfilmungen sind, ist einer der großen Regisseure des Neuen Deutschen Films zu Gast – eine künstlerisch und politisch sehr ambitionierte Phase in der deutschen Kinogeschichte. Ein Star vor der Kamera ist Halil Ergün. Er hat in seiner 40-jährigen Karriere mit international renommierten Regisseuren seiner Heimat, wie Yilmaz Güney und Erden Kiral, gearbeitet.
Während die TV- und Kinowirtschaft der Türkei boome, fühlten sich viele Filmemacher in ihrer künstlerischen Freiheit zunehmend eingeschränkt, so Kaya. Politische Themen hinter der Maske scheinbar ganz privater Geschichten – das kennzeichnet deshalb auch viele der türkischen Wettbewerbsbeiträge und macht sie im besten Fall zu so spannenden wie vielschichtigen Porträts des Landes. Wie man den eigentlichen Stoff einer Filmstory zwischen den Bildern erzählt, ist eine Kunst, die gerade in gefährdeten Demokratien zur Hochform aufläuft; das könnten im diesjährigen Programm Regiearbeiten vorführen, in denen es vordergründig um eine Nasenkorrektur oder den Aufbau eines Textilimperiums geht. Und was ein Taxifahrer samt seinen Kunden über die Stimmung in einem Land mitzuteilen vermag, hat zuletzt der iranische Film „Taxi Teheran“ demonstriert; vielleicht gelingt etwas Ähnliches dem Wettbewerbsbeitrag „Der Geruch des Geldes“.
Was macht die Identität im Internet?
Das deutsche Kino treiben naturgemäß andere Themen um: in "Lomo" etwa ist es die Vermischung von Identität und Internet. Von versuchter Integration, die an Vorurteilen auf beiden Seiten zu scheitern droht, erzählt das Drama "Das deutsche Kind". Eine (Flucht-)Geschichte aus dem Europa von heute, inspiriert von einem Roman der 1940er Jahre, erzählt der eben auf der Berlinale gefeierte Film "Transit" von Christian Petzold. Vielleicht, so Kaya, gewinnt er ja hier den Preis, der ihm in Berlin versagt blieb.
Spannend werden dürfte auch das Flanieren durch die „Filmlandschaften“. Ein regelrechter Park wird dem Publikum in dieser Programmschiene präsentiert, in ihm blühen Spiel- und Dokumentarfilme, Komödien und Dramen, sowie eine Themenfülle, die von Migration über den IS bis zu familiärem oder anderem Beziehungsschlamassel reicht. Im Anschluss an die Vorführungen gibt es vielfach Gelegenheit zum Gespräch mit den Regisseuren und Darstellern. Auch spezielle Schulvorstellungen sind wieder im Angebot.
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