Macht und Meinungen: Der Krieg um die Rundfunkgebühr

Georg Escher

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21.8.2017, 14:11 Uhr
Die Öffentlich-Rechtlichen kosten Geld - womit wir schon beim Thema wären. Ist der Beitrag zu hoch? Oder angemessen? Die Debatte wird mit klaren Kanten geführt.

© Arno Burgi/Illustration (dpa) Die Öffentlich-Rechtlichen kosten Geld - womit wir schon beim Thema wären. Ist der Beitrag zu hoch? Oder angemessen? Die Debatte wird mit klaren Kanten geführt.

Der Streit um die Rundfunkgebühren hat in Deutschland schon beinahe religiöse Züge entwickelt. In den sozialen Medien wird in großer Vehemenz auf die öffentlich-rechtlichen Sender eingeprügelt. Selbst Menschen, die noch ARD oder ZDF sehen, beschweren sich wütend über die "zunehmende Verblödung" des Programms, über ausufernde Fußball-Übertragungen, über Olympia, über den Musikantenstadel. "Warum soll ich dafür zahlen? Ich will das nicht sehen", lautet oft die zornige Begründung. Das habe doch mit dem Informationsauftrag der Sender nichts mehr zu tun. Doch das ist alles zu kurz gedacht.

Zum einen: Die Darstellung in dem an die Frankfurter Allgemeine SonntagsZeitung (FAS) lancierten Bericht über die Erhöhungsforderung auf 21 Euro ist laut ARD "frei erfunden". Das wirft schon einmal die Frage auf, wer solche Informationen durchsticht. Interessierte Kreise gibt es mehrere.

Der gesamte Medienmarkt ist in Bewegung. Öffentlich-rechtliche wie private Sender, Streamingportale wie Netflix kämpfen mit härtesten Bandagen um Marktanteile. Auch Apple, Facebook oder Google wollen hier noch viel größer einsteigen. Es geht um viele, viele Milliarden. Was in der erregten Debatte aber in der Regel untergeht: Welche Folgen hat diese neue Medienlandschaft?

Bedeutung der Quotenbringer

Zunächst einmal zum Naheliegenden: Warum sollen öffentlich-rechtliche Sender überhaupt Gebühren – oder gar eine weitere Erhöhung – erhalten, wenn sie trotz ihres Informationauftrages ständig Fußball und Unterhaltungsshows ins Programm drücken? Die Antworten müssen etwas komplizierter ausfallen als die Frage. Doch unter dem Strich geht es darum: Wenn ARD oder ZDF diese Quotenbringer nicht mehr im Angebot haben, werden viele Zuschauer auch das restliche Angebot nicht mehr wahrnehmen – weil sie sich überwiegend auf anderen Kanälen tummeln.

Und die Preise für Fußball oder Olympia sind in den vergangenen Jahren geradezu explodiert, weil Verbände wie Fifa oder das IOC sich ganz dem Kommerz verschrieben haben. Deren Funktionäre haben kein Problem damit, eine Fußball-WM an Katar oder Olympische Winterspiele an den russischen Sommerbadeort Sotschi zu vergeben. Die Kasse jedenfalls stimmt.

Welche Folgen eine völlige Kommerzialisierung der Medienlandschaft hat, sieht man nirgends besser als in den USA. Dort hat auch die Frage, warum heute Donald Trump im Weißen Haus sitzt, mit dem Zustand der Medienlandschaft zu tun – und das nicht zu einem kleinen Teil. Gewiss, es gibt noch öffentlichen Rundfunk in den USA: den Fernsehsender PBS (Public Broadcasting Service) und die Radio-Version NPR (ehemals National Public Radio). Doch beide leben heute zu einem Großteil von Spenden, nicht mehr Gebühren. Und die tägliche Reichweite ist im unteren einstelligen Prozentbereich. Niemand muss sich da wundern, warum sich auf anderen Kanälen "Fake News" nahezu ungehindert verbreiten.

Unerwünschtes Ergebnis

Tageszeitungen (ob in Print oder digital) sind in den USA heute ohnehin nur noch bei einer weiter schrumpfenden Minderheit verbreitet. Wenn sich aber ein Großteil der Bürger zunehmend aus zweifelhaften Quellen informiert oder ganz aus der Politik abgemeldet hat, kommen am Ende Wahlen heraus, die auch einen schrägen Populisten wie Trump ins Weiße Haus führen konnten.

Freilich, in einer offenen Gesellschaft ist niemand verpflichtet, sich über politische Vorgänge zu informieren. Es hat aber, wie immer sich die Bürger entscheiden, Folgen. Gravierende Folgen. Die öffentlich-rechtlichen Medien in dieser Situation finanziell auszuhungern, hat dabei auch Konsequenzen. Gekürzt wird dann zuallererst bei dem noch guten – und teuren – Netz an Korrespondenten, die aus allen Teilen der Welt versuchen, die Ereignisse einzuordnen. Wer die Rundfunkgebühren ablehnt oder zumindest eine drastische Senkung verlangt, setzt genau hier die Axt an.

Es sind an diesem Verteilungskampf sehr mächtige Konzerne auf dem Spielfeld. Wie immer dieser Medienkrieg ausgeht, es wird Folgen haben für den Zustand und die Temperatur unserer Gesellschaft.

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