Nürnbergs OB Maly enttäuscht über GBW-Verkauf

8.4.2013, 16:56 Uhr
Nürnbergs OB Maly enttäuscht über GBW-Verkauf

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Eine große Überraschung war es am Ende nicht. Die Augsburger Patrizia kauft für ein Konsortium die Immobilientochter der BayernLB und damit rund 32.000 Wohnungen. Der Deal ist das größte Immobiliengeschäft in Deutschland seit Jahren - und wohl eines der umstrittensten. Die Verunsicherung der 85.000 Mieter ist groß, Mieterschützer, SPD, Grüne und Freie Wähler warnen vor Mieterhöhungen und schlechteren Bedingungen.

Maly enttäuscht

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht über den Verkauf: "Wir bedauern die Entscheidung sehr, weil die in dem Konsortium zusammengeschlossenen Kommunen ernsthaft gewillt waren, die GBW zu übernehmen." Mehrere bayerische Städte und Gemeinden, darunter München, Nürnberg und Erlangen, in denen die GBW Wohnungsbestände hat, hatten über das kommunale Konsortium  mit um die Wohnungen geboten. Dem Angebot der Patrizia waren sie allerdings unterlegen. "Wir sind auf der Basis unseres Verständnisses einer kommunalen und sozialen Wohnungswirtschaft an die Grenzen dessen gegangen, was möglich war. Nun muss man genau hinsehen, was mit den Mietern wird“, kommentierte Maly die Niederlage seines Konsortiums.

Erlangens Oberbürgermeister Siegfried Balleis bedauerte die Entscheidung, die GBW-Wohnungen an die Patrizia zu verkaufen, in einer Stellungnahme ebenfalls. Der Aufwand, den der Erlanger Stadtrat und die Stadtverwaltung im Interesse der GBW-Mieter betrieben habe, sei nur noch mit dem zum Erwerb des Röthelheimparkes vergleichbar. Er hoffe, dass sich die Patrizia ihrer großen sozialen Verantwortung, die sie mit dem Erwerb der Aktienanteile übernommen habe, bewusst sei.

Kritik vom Mieterbund

Der Deutsche Mieterbund hat den Verkauf der BayernLB-Wohnungstochter GBW an das Augsburger Immobilienunternehmen Patrizia als bedenklich kritisiert. Die Verlierer seien die betroffenen Mieter, die durch die vereinbarte Sozialcharta nicht ausreichend geschützt würden, erklärte Landesverband Bayern des Deutschen Mieterbundes (DMB) sowie der Mieterverein München am Montag.

Während die Staatsregierung das Geschäft verteidigt, spricht die Opposition von einem Sündenfall. „Das ist heute, ohne Übertreibung, ein schwarzer Tag für die Wohnungspolitik in Bayern; ein schwarzer Tag für den Mieterschutz“, sagt Münchens Oberbürgermeister und SPD-Landtagsspitzenkandidat Christian Ude.

Ähnlich war es bereits Udes Kollegen in Stuttgart gegangen, die 2012 beim Verkauf der Wohnungen der LBBW in Baden-Württemberg ebenfalls der Patrizia unterlagen. Dort verteidigte die rot-grüne Landesregierung den Verkauf und die CDU kritisierte diesen. Wie damals die LBBW muss auch die BayernLB auf Druck der EU schrumpfen und Geschäfte verkaufen, darunter die Beteiligungen an Wohnungsfirmen.

Und die EU, sagt BayernLB-Chef Gerd Häusler, nimmt keine Rücksicht auf Wahltermine und schickt damit eine Spitze an die Adresse der Opposition und der Mietervereine. Brüssel habe nicht nur angeordnet, dass die GBW verkauft werden muss, sondern auch wie. Diesen Rahmen habe man bis zum Äußersten ausgereizt, was etwa die Vereinbarungen für den Mieterschutz bei der GBW angehe.

Ist die Patrizia eine "Heuschrecke"?

Diese Sozialcharta soll die Mieter schützen, etwa vor zu heftigen Mieterhöhungen oder sogenannten Luxussanierungen. Das sei umfassend und der Schutz sei für die Mieter nach dem Verkauf besser als vorher, sagt Häusler. Es könne keine Rede davon sein, dass eine „Heuschrecke“ die GBW gekauft habe.

Hinter der Patrizia, die selbst etwa 58 Millionen Euro in den Kauf investiert, stehen andere Investoren, darunter etwa die Sparkassen-Versicherung oder die WWK, wie Patrizia-Chef Wolfgang Egger am Montag auf einer Pressekonferenz sagte.

Brutto kostet die Käufer die Übernahme der GBW knapp 2,5 Milliarden Euro. Unter dem Strich muss das Konsortium nach Abzug der Verbindlichkeiten der GBW 882 Millionen Euro auf den Tisch legen. Die Bank bewertet den Wert ihrer GBW-Anteile in ihren Büchern mit 675 Millionen Euro – damit bleibt der BayernLB ein Buchgewinn von gut 200 Millionen Euro, der in die Bilanz 2013 kommt.

Parallelen zu Baden-Württemberg

Wie viel davon am Ende in die Kasse von Finanzminister Markus Söder (CSU) fließt, ist noch offen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Harald Güller, sagt, Söder habe die Mieter „verraten und verkauft“.

Der Mieterverein in Stuttgart jedenfalls stellt der Patrizia kein gutes Zeugnis aus. „Alle Befürchtungen zum Verkauf der Wohnungen haben sich genauso bewahrheitet“, sagte Angelika Brautmeier. „So schnell konnten die Mieter gar nicht gucken, wie die Mieterhöhungen kamen.“ Gespart werde bei der Instandhaltung der Wohnungen. Egger wies die Kritik zurück. Es werde auf dem Rücken der Mieter Wahlkampf betrieben. In Wahrheit halte man sich an die dort vereinbarte Sozialcharta. Wer am Ende Recht behält, wird die Zeit zeigen müssen.

 

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