NSU-Prozess: Verkäufer der Pistole sagt aus
16.10.2013, 17:54 UhrDie Pistole der Marke „Ceska“, mit der die Terroristen des NSU neun Menschen ermordet haben sollen, wurde bereits vom Hersteller mit Schalldämpfer geliefert. Das berichtete ein ehemaliger Waffenhändler aus der Schweiz am Mittwoch im NSU-Prozess. Die Aussage könnte den Angeklagten Carsten S. entlasten. Er hatte ausgesagt, dass er den Schalldämpfer nicht eigens bestellt habe.
Ceska aus rechtem Szeneladen
Carsten S. hat nach eigenen Aussagen die Waffe in einem rechten Szeneladen in Jena besorgt und an die drei Untergetauchten übergeben. Hätte S. ausdrücklich einen Schalldämpfer bestellt, wäre das ein Indiz, dass er den Verwendungszweck geahnt haben könnte.
Der Waffenhändler hatte die spätere Tatwaffe an einen Kunden in der Schweiz weiterverkauft. Von dort gelangte sie den Ermittlungen zufolge über Mittelsmänner zu den Angeklagten Carsten S. und Ralf Wohlleben, die sie an die mutmaßlichen Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) weitergaben.
Zschäpe nur verwechselt
Das Gericht zeigte am Mittwoch auch Aufnahmen einer Überwachungskamera, um die Ähnlichkeit einer Passantin mit Beate Zschäpe zu prüfen. Die Bilder wurden in der Nähe der Keupstraße in Köln aufgenommen, wo die Terroristen 2004 eine Nagelbombe zündeten. Auf der mehrere Minuten langen Sequenz ist eine Frau mit langen dunklen Haaren zu sehen, die anscheinend auf jemanden wartet und mehrmals telefoniert.
Auf den ersten Blick scheint eine gewisse Ähnlichkeit mit der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin erkennbar. Nach den Ausschnittvergrößerungen, die das Gericht in Auftrag gegeben hatte, scheint es jedoch eher unwahrscheinlich, dass es sich bei der Frau um die Hauptangeklagte handelt. Bislang gibt es keine belastbaren Hinweise, dass Zschäpe selbst bei den Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in Nähe der Tatorte gewesen sein könnte. Sie ist als Mittäterin angeklagt, weil sie für die legale Fassade der Gruppierung gesorgt haben soll.
Ein weiteres Verfahren gegen Zschäpe wegen Schüssen auf dem Erfurter Hauptbahnhof vor knapp 17 Jahren bleibt eingestellt. Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht von MDR Thüringen. 2012 hatte sich ein Hamburger Filmemacher bei den Behörden gemeldet, weil er Zschäpe und ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos wiedererkannt haben wollte. Sie hätten am Silvesterabend 1996 nach einem Streit auf ihn geschossen. Nach Angaben der Ermittler ließ sich aber nicht mehr klären, ob es tatsächlich die späteren NSU-Mitglieder gewesen seien.
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