Chemnitz: Polizeigewerkschaft warnt vor Selbstjustiz
28.8.2018, 07:27 UhrNach den Ausschreitungen in Chemnitz hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor dem Risiko zunehmender Selbstjustiz gewarnt. "Der Staat ist dafür da, mit Polizei und Justiz seine Bürger zu schützen", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag). "Wenn er das in den Augen vieler Bürger aber nicht mehr leisten kann, besteht die Gefahr, dass die Bürger das Recht selbst in die Hand nehmen und auf Bürgerwehren und Selbstjustiz bauen."
Dies sei ein erschreckender Trend. Über die sozialen Medien könnten viele Menschen schnell mobilisiert werden. "Aus jeder Dorfschlägerei kann eine Hetzjagd werden." Dabei handle es sich um Straftaten, die hart zu ahnden seien. Nach Ansicht der GdP hat der Staat mit Schuld an dieser Entwicklung. Der jahrelange Abbau von insgesamt 16.000 Stellen bei der Polizei habe dazu geführt, dass alle Einsatzkräfte stets verplant seien. "Für Einsatzlagen wie in Chemnitz müssten sich stets mehrere hundert Kollegen in Reserve bereit halten. Das ist vollkommen unrealistisch", sagte Malchow der Zeitung.
Dafür fehlten den Bereitschaftspolizeien die notwendigen Einsatzkräfte. Die GdP fordere 20.000 neue Stellen. "Der Staat hat beim Thema Innere Sicherheit versagt, weil er massiv Personal abgebaut hat. Dieses Problem ist nicht schnell lösbar", sagte der GdP-Chef. Bei neuen Protesten rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt waren am Montagabend mindestens sechs Menschen verletzt worden. Nach Ende der beiden Demonstrationen räumte ein Polizeisprecher Personalmangel in den eigenen Reihen ein.
Anlass der Proteste waren gewalttätige Ausschreitungen am Wochenende am Rande des Stadtfestes in Chemnitz. Auslöser dafür war, dass ein 35 Jahre alter Deutscher durch Messerstiche getötet worden war. Gegen einen 23 alten Syrer und einen 22 Jahre alten Mann aus dem Irak wurde Haftbefehl erlassen.