Immer mehr Rentner beziehen Nahrungsmittel von der Tafel
21.12.2017, 15:50 UhrImmer mehr Rentner in Deutschland beziehen kostenlose Lebensmittel von den Tafeln. Laut Bundesverband der Tafeln hat sich ihre Zahl innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. "Fast jeder vierte Tafelkunde ist mittlerweile Rentner. Das sind in etwa 350.000 Menschen", sagte der Verbandsvorsitzende Jochen Brühl der Neuen Osnabrücker Zeitung am Donnerstag. Im Jahr 2007 hätten Senioren nur gut 12 Prozent der Bedürftigen ausgemacht.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, nannte dies "ein deutlich sichtbares Signal" dafür, dass die Altersarmut auf dem Vormarsch sei. "Die Politik muss endlich handeln." Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte eine grundlegende Reform der Alterssicherung. Um Altersarmut wirksam zu bekämpfen, müsse das gesamte System neu aufgestellt werden, erklärte der Rentenexperte des Verbands, Joachim Rock.
Scharfe Kritik von links
Auch die Linke zeigte sich alarmiert. Parteichef Bernd Riexinger twitterte: "Sowas darf in einem reichen Land nicht sein!" Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, macht für die Entwicklung auch die Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre verantwortlich: Durch die jahrelange Ausweitung des Niedriglohnsektors hätten die Menschen immer weniger Geld in der Tasche.
Die geschäftsführende Bundessozialministerin Katarina Barley warb deshalb erneut für die Einführung einer Solidarrente. "Menschen, die viel geleistet und lange Beitragszeiten erworben haben, sollen nicht zum Sozialamt gehen müssen", sagte die SPD-Politikerin.
Nährboden für Extremismus
Schon im Wahlkampf hatten die Sozialdemokraten für langjährige Geringverdiener eine Solidarrente gefordert, die oberhalb der Grundsicherung liegen soll. Barley betonte: "Ein verlässliches Auskommen im Alter gehört zum Kernversprechen unserer Gesellschaft." Nach Angaben des Dachverbands gibt es deutschlandweit mehr als 900 Tafeln, die regelmäßig bis zu 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Brühl warnte, Armut sei der Nährboden für das Gefühl, abgehängt zu sein - "und damit letztlich auch Wegbereiter des Extremismus".
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