Verbotene Liebe? Wenn es im Büro knistert

5.8.2015, 09:30 Uhr
Verbotene Liebe? Wenn es im Büro knistert

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Der Job als Partnerschmiede: Elf Prozent der Deutschen haben ihre bessere Hälfte am Arbeitsplatz kennengelernt, wie eine Allensbach-Umfrage aus dem Jahr 2013 ergab. Und eine Erhebung des Online-Netzwerks Xing aus demselben Jahr offenbarte, dass 14 Prozent aller Beschäftigten schon einmal eine Affäre am Arbeitsplatz hatten, 22 Prozent wären zumindest aufgeschlossen dafür.

Hierzu bietet sich zum Beispiel die Weihnachtsfeier an. So hat das Dating-Portal "Elite-Partner" ermittelt, dass fast neun Prozent der Befragten schon einmal einen attraktiven Kollegen bei diesem Anlass geküsst haben. Das alles sind Ergebnisse anonymer Umfragen.

Mit der wissenschaftlichen Erforschung freundschaftlicher Beziehungen unter Beschäftigten und mit Romanzen im Büro („Büromance“) befasst sich die promovierte Diplom-Psychologin Sabine Hommelhoff vom Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben an der Uni Erlangen. „Schon in Stellenanzeigen werben einige Firmen heutzutage damit, dass am Arbeitsplatz nicht nur Kollegialität, sondern auch Freundschaft erwünscht ist“, so Hommelhoff.

Vor allem Vorgesetzte versprächen sich davon ein besseres Klima. "Die Studien zum Thema Freundschaft und Liebe am Arbeitsplatz sind überschaubar", weiß die Psychologin. Die meisten stammten aus dem angloamerikanischen Raum, seien aber von den Ergebnissen her durchaus auf Deutschland übertragbar: "Die Argumente in der westlichen Welt ähneln sich", erläutert Hommelhoff.

Positive Auswirkungen

Einige gesicherte Erkenntnisse: Verliebtsein am Arbeitsplatz wirkt sich zunächst positiv aus. "Verliebte sind produktiver, involvierter und einfach gut drauf", fasst die Psychologin zusammen. Und das habe einen positiven Einfluss auf den Arbeitsalltag. Die Kollegenschaft blickt vor allem dann negativ auf eine Beziehung am Arbeitsplatz, wenn einer der Partner verheiratet ist. Hat eine Mitarbeiterin etwas mit ihrem Chef, unterstellt man dieser Frau häufig, dass sie beruflich vorankommen will. Letztere Erkenntnis wurde zuletzt 2001 wissenschaftlich untermauert. Auch schwindet das Verständnis der Kollegen, wenn es durch die Affäre zur Bevorzugung der Mitarbeitenden kommt.

Es sei schwierig, auf dem heiklen Gebiet der „Büromance“ zu forschen, sagt Sabine Hommelhoff, treffe man doch nur auf wenige Auskunftswillige. Daher arbeite man oft mit hypothetischen Fragen. Doch die Wissenschaftlerin hat in Gesprächen schon selbst mitbekommen, wie etwa eine Romanze unter Altenpflegern bei der Pflegedienstleitung ankam: „Die Chefin teilte die Kollegen einfach in getrennte Schichten ein“, so Hommelhoff. Zur Konfliktvermeidung?

Problematisch wird es, wenn sich Paare trennen. „Dann können die Kollegen schnell zwischen die Fronten geraten.“ Es kommt zu Loyalitätskonflikten – und das Klima wird vergiftet.

Wal-Mart erließ Liebesverbot

Liebe am Arbeitsplatz kann auch eine juristische Komponente haben, wie der Nürnberger Fachanwalt für Arbeitsrecht Jörg Steinheimer erklärt. „Generell sind Liebesbeziehungen im Job nicht verboten. Der Handelsriese Wal-Mart hatte das einmal mit einer Ethikrichtlinie versucht und ist gerichtlich gescheitert“, so der Rechtsanwalt. Die Richtlinie war einst für die 12.500 Mitarbeiter von Wal-Mart in Deutschland erlassen worden. Darin wurde der Belegschaft untersagt, mit Kollegen auszugehen oder eine Liebesbeziehung zu beginnen. Auch „lüsterne Blicke“ oder „sexuell deutbare Kommunikation jeder Art“ waren darin verboten worden. Derartige Regeln seien grundrechtswidrig und verstießen gegen die allgemeinen Persönlichkeitsrechte, entschied das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht 2005.

Doch immer wieder stellt sich die Frage, ob und wann Beziehungen zum Kündigungsgrund werden. Laut Steinheimer ist zu unterscheiden: „Sex während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz ist auch ohne Abmahnung ein Kündigungsgrund.“ Sucht das Pärchen außerhalb der Arbeitszeit das Büro für ein Schäferstündchen auf, kann auch das einen Rauswurf rechtfertigen, wenn ein Betretungsverbot der Räumlichkeiten außerhalb der Arbeitszeit besteht.

Beim Werben ist Vorsicht geboten

"Als der werbende Part bewegt man sich im Anbahnungsstadium auf einem schmalen Grat“, so der Arbeitsrechtler. „Bereits unerwünschte Bemerkungen sexuellen Inhalts können Pflichtverletzungen sein. Vor allem Vorgesetzte sollten sich hier in besonderem Maße zurücknehmen“, so Steinheimer.

Auch ein aktuelles Buch befasst sich mit der Liebe am Arbeitsplatz: Der Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger („Liebe ist – den ersten Schritt zu tun“) rät, dass Paare ihre Beziehung erst nach drei Monaten im kleinen Kreis etwa in der Kaffeerunde bekanntgeben sollten, wenn sie wissen, dass es „ernst“ ist. Laut Krüger sind Händchenhalten und Küssen im Büro stets tabu. Es gelte der Grundsatz: Arbeit ist Arbeit und Privates ist Privates.

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