Bahn-Streik: Die neue Macht der Beschäftigten
10.12.2018, 10:45 UhrJa, der Bahnstreik war sehr ärgerlich. Er hat Millionen Kunden getroffen, die entweder ratlos an leeren Bahnsteigen standen. Oder die im Auto zur Arbeit gefahren sind, nur um dann zu erfahren, dass ihr Zug entgegen aller Ankündigungen doch gefahren ist. Denn die Informationspolitik der Bahn war noch pannenanfälliger als die meisten ICE. Und dann sind da die Fernreisenden, die während des Tages stundenlange Verspätungen zu befürchten haben, weil die Züge wegen des Ausstandes nicht da stehen, wo sie gebraucht werden.
Dennoch ist der Streik ein wichtiges positives Signal: Er steht symbolisch für die neue Macht der Arbeitnehmer. Und für die Chance, gesellschaftspolitische Verhältnisse zu korrigieren, die über Jahrzehnte in Schieflage geraten sind.
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Denn da dominierten die Babyboomer der fünfziger und sechziger Jahre den Arbeitsmarkt. Mit dem Ergebnis, dass es mehr Jobsuchende als Arbeitsplätze gab. Mit der Folge, dass Löhne gedrückt wurden und sich die Arbeitsbedingungen verschlechterten - Stichwort Zeitverträge. Und: Wer um seine Weiterbeschäftigung fürchen muss, der ist nicht sehr empfänglich für ein gewerkschaftliches Engagement.
Das Ergebnis war: Die Gewinne vieler Unternehmen stiegen, Arbeitnehmer mussten vor allem in den Nuller-Jahren Reallohnverluste hinnehmen. Es entstand ein Graben, quer durch die Gesellschaft. Und auf der einen Seite standen Menschen, die mit ein wenig Pech binnen Jahresfrist in Hartz IV abrutschen konnten. Das produzierte Wutbürger und rechtspopulisitsche Protestwähler.
Diese Verhältnisse haben sich gedreht, glücklicherweise. Die Wirtschaft boomt, zugleich kommt der so genannte Pillenknick auf den Arbeitsmarkt - es gibt zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte. Wie das in einer Marktwirtschaft so ist: Die Löhne steigen dann. Das spüren zum Beispiel die Paketdienste, die lange von diesen Verhältnissen profitieren. Jetzt müssen sie - endlich! - die Löhne erhöhen, weil ihnen die Fahrer weglaufen.
Und der flächendeckende Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft zeigt, dass sich gewerkschaftliches Engagement lohnt. Denn das DB-Management wird sich viele solcher Aktionen nicht mehr leisten können, weil sie die sowieso schon notorische Unzuverlässigkeit der Züge noch potenziert.
Das kann ein Signal an andere Branchen sein, bei Verzögerungstaktik in den Tarifverhandlungen schlechte Angebote nicht mehr einfach hinzunehmen, sondern mit gewerkschaftlichen Aktionen zu beantworten. Natürlich bedeutet auch das Unannehmlichkeiten für die Kunden. Aber es hilft, die zu groß gewordene Kluft zwischen arm und reich zu schließen - und deshalb müssen sie in Kauf genommen werden. Wer nun um die deutsche Wirtschaft fürchtet, der sie beruhigt: Die Gewerkschaften hierzulande sind viel zu vernünftig, um sie kaputtzustreiken.
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