Der Deal steht: Das kommt mit Ceta wirklich auf uns zu

30.10.2016, 18:01 Uhr
Der Deal steht: Das kommt mit Ceta wirklich auf uns zu

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Die gut 1500 Seiten des Vertrags sollen die Märkte liberalisieren. Vieles ist sinnvoll, weil es den Handel beider Regionen erleichtert. Zölle fallen weg, Behörden sollen besser zusammenarbeiten. Die Liberalisierung hat aber auch Ängste geweckt. Ängste davor, dass besondere Schutzrechte in Dutzenden Branchen wegfallen könnten. Minderheiten wie die Volksgruppe der Samen in Finnland haben besondere Fischereirechte, in Frankreich gibt es Sonderförderungen für Kinoproduktionen, öffentliche Betriebe werden oft als Monopol geführt. Können nun kanadische Firmen vor privaten Schiedsgerichten gegen europäische Standards oder lokale Traditionsrechte klagen?

Hier unterscheidet sich Ceta von TTIP

Die Schiedsgerichte, die in Ceta und auch TTIP eingerichtet werden sollen, wurden zum Symbol der Proteste. Schiedsgerichte beweisen angeblich, dass sich Handelsabkommen vor allem um die Interessen großer Konzerne drehen. Es ist den Kritikern zu verdanken, dass die EU die Pläne für diese Schiedsgerichte nochmal überarbeitet und in Abstimmung mit Kanada deutlich eingeschränkt hat. Ganz auf diese Gerichte verzichten wollten beide Seiten nicht. Die wallonische Regierung hat in letzter Minute immerhin erreicht, dass der Europäische Gerichtshof überprüfen soll, ob die Gerichte überhaupt mit EU-Recht vereinbar sind. Die Verbesserungen kamen erst, als Ceta nach geheimen Verhandlungen eigentlich schon fertig war.

Nicht mehr in den Vertrag schaffte es ein weiterer Punkt: Dass Ceta keinen Staat dazu zwingen darf, Betriebe zu privatisieren. Und dass Staaten Standards für zum Beispiel Umweltrechte weiterhin verschärfen dürfen. Die schriftliche Zusicherung für diese den Kritikern sehr wichtigen Punkte vereinbarten die EU-Staaten und Kanada in einer Zusatzvereinbarung. Ist die nun bindend? Die EU-Kommission sagt ja. Sicher ist das nicht.

Ceta ist eine ziemliche Flickschusterei

In Ceta sollen zudem Gremien eingerichtet werden, die gemeinsam Gesetze vorbereiten. Das ist aus Sicht der Kritiker eine Einladung an Lobbyisten, ihren Einfluss gezielt auf die neuen Gremien zu lenken. Wichtig war daher die Klarstellung des Bundesverfassungsgerichts vor wenigen Wochen, dass in diesen Gremien nichts von Belang entschieden werden darf, solange die EU-Regierungen das nicht einstimmig absegnen. Auch das ist eine Anforderung, die nicht im Vertrag selbst steht.

Die Last-Minute-Verbesserungen lassen Ceta deutlich besser aussehen, als noch vor einem Jahr befürchtet. Aber sie sind auch eine ziemliche Flickschusterei. Die Gefahren liegen im Vertragstext, der auf 1500 Seiten etliche unklare Formulierungen enthält, weil grundsätzliche Garantien dort nicht deutlich festgeschrieben sind. Staaten, Regionen und Kommunen müssen sehr genau darauf achten, keine Fehler zu machen. Solche Fehler könnten sie über den Ceta-Vertrag teuer zu stehen kommen. Kritiker fordern nun vor allem, dass die nachträglichen Zusatzgarantien Teil des Vertrages werden. Damit Ceta kein Eigenleben entwickelt – an der Demokratie vorbei.

Sollte der Handelsvertrag nach der Zustimmung des Europaparlamentes vorläufig in Kraft treten, müssen noch die nationalen Parlamente zustimmen. In Deutschland zusätzlich auch der Bundesrat. Es ist durchaus denkbar, dass Ceta noch einige Runden drehen muss. Die Bundesregierung rechnet mit einem jahrelangen Ratifizierungsverfahren.

Der Autor ist Redakteur des Recherchezentrums Correctiv.org. Die Redaktion finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Ihr Anspruch: In monatelanger Recherche Missstände aufdecken und unvoreingenommen darüber berichten. Wenn Sie Correctiv.org unterstützen möchten, werden Sie Fördermitglied. Informationen finden Sie unter correctiv.org/unterstuetzen

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