Ende der Strabs: CSU gibt dem Protest der Bürger nach

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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11.4.2018, 19:24 Uhr
Es gibt ihn seit Jahrzehnten, doch erst in der jüngeren Vergangenheit hat der Strabs genannte Beitrag die Gemüter richtig erregt. Jetzt gibt die CSU nach und kippt die umstrittene Satzung. Der Druck der Bürger hat gewirkt.

© Nicolas Armer/dpa Es gibt ihn seit Jahrzehnten, doch erst in der jüngeren Vergangenheit hat der Strabs genannte Beitrag die Gemüter richtig erregt. Jetzt gibt die CSU nach und kippt die umstrittene Satzung. Der Druck der Bürger hat gewirkt.

So wirklich erklären kann bei den Freien Wählern zunächst niemand, warum sie an ihrem Volksbegehren gegen die Straßenausbaubeiträge weiter festhalten. "Wir bewegen Bayern", hatte Fraktionschef Hubert Aiwanger noch verkündet, und: "Wir haben das Eis gebrochen." Doch die CSU sei "auf halbem Weg stehen geblieben".

Das passt nicht zum Statement seines Parteifreundes Michael Piazolo, der findet, "ohne unser Volksbegehren gäbe es die heutige Regelung nicht". Für Piazolo ist das "wesentliche Ziel erreicht". Gut 330.000 Menschen haben inzwischen bei den Freien Wählern unterschrieben für das Aus der Beiträge. Der Druck der Bürger war schließlich so groß, dass auch die CSU ihre Position räumen musste. Sie hatte die Strabs über Monate hinweg gerechtfertigt und verteidigt. Jetzt beschließt sie, wenn auch nicht aus Überzeugung, deren Aus.

Stichtag 1. Januar 2018

Tatsächlich gibt es die Beiträge seit rund 44 Jahren. Doch weil jede Kommune selbst entscheidet, ob und in welcher Höhe sie Anlieger zur Kasse bittet, wenn sie Straßen saniert, sind die Unterschiede gewaltig. Zwischen 20 und 80 Prozent der Kosten legen jene Gemeinden um, die eine Strabs haben, was bayernweit auf drei von vier Gemeinden zutrifft. Mit starken regionalen Unterschieden: In Unterfranken haben 97 Prozent aller Kommunen eine Strabs, in Niederbayern nur 39. Nürnberg hat ebenfalls eine. München seit 2015 nicht mehr.

Das, sagt CSU-Fraktionsvorsitzender Thomas Kreuzer, habe die Suche nach einer gerechten Lösung nicht leichter gemacht. Die aber wird es so oder so nicht geben. Die CSU-Fraktion setzt als Stichtag den 1. Januar dieses Jahres fest. Wer danach einen Gebührenbescheid bekommen hat, kann ihn wegwerfen – wer davor, der muss zahlen. Wenn die Freien Wähler nun forderten, bis zum 1. Januar 2014 zurück müsse der Staat die Gebühren erstatten, sei das nicht seriös, sagt Kreuzer und nennt neben den Kosten in Höhe von rund 300 Millionen Euro das gegriffene Datum. Das halte vor keinem Gericht, glaubt er.

Kritik an den Freien Wählern

Was die Lage so kompliziert macht: Der Staat soll in die Lücke springen und den Kommunen ersetzen, was sie bei den Beiträgen künftig verlieren. Doch weil nicht alle Gemeinden den Beitrag erheben und nicht alle in der gleichen Höhe, ist bislang unklar, wie es weitergehen soll. "Billigen Populismus" nennt Kreuzer, was die Freien Wähler tun. 

Die beschäftigen sich in ihrem Volksbegehren gar nicht erst mit der Frage, was statt der Strabs kommen soll, sondern fordern pauschal nur deren Ende. Besonders empört Kreuzer, dass auch der neuerdings von Aiwanger ins Spiel gebrachte Stichtag zum 1. Januar 2014 im Begehren gar nicht auftaucht. Das Volksbegehren, sagt Kreuzer deshalb, sei erledigt mit dem Aus für die Strabs, wie sie die CSU jetzt als Gesetzentwurf im Landtag eingebracht hat.

Ein Schmierzettel

Aiwangers Konter ist scharf. "Ein dürftiges Eckpunktepapier" nennt er die CSU-Vorlage, er wolle jetzt nicht "den Begriff Schmierzettel" verwenden, und tut es natürlich doch. "Die Bürgermeister müssen sich ins Gesicht geschlagen fühlen", sagt Aiwanger. "Noch schlimmer" sei es für Gemeinden ohne eine solche Satzung.

Tatsächlich werden sie erst einmal kein Geld sehen. Wer bisher auf die Beiträge verzichtet hat, heißt es in der CSU, der habe sie bislang auch nicht nötig gehabt. Die anderen bekommen auch in den kommenden Monaten ihren Zuschuss, nur nicht mehr von den Anliegern, sondern vom Staat. Macht aktuell etwa 65 Millionen Euro im Jahr. Irgendwann wird der Freistaat das System umstellen, auf pauschalierte Beträge, die über den kommunalen Finanzausgleich laufen. Dann dürfen auch jene Kommunen auf Geld hoffen, die auf eine Strabs verzichtet haben. Was den Staat rund hundert Millionen Euro im Jahr kosten wird. Doch dafür herrscht nun endlich Ruhe an der Strabs-Front.

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