Gravierende Mängel bei Asylentscheidungen im Bamf

8.6.2018, 15:00 Uhr
Gravierende Mängel bei Asylentscheidungen im Bamf

© Nicolas Armer/dpa

Im Innenausschuss des Bundestags hat der Vorsitzende des Bamf-Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, über gravierende Qualitätsmängel bei der Bearbeitung von Asylanträgen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtet. Mitglieder aller Fraktionen sagten nach einer Sitzung des Ausschusses am Freitag in Berlin, ihnen sei deutlich gemacht worden, dass bei den Verfahren Quantität vor Qualität gegangen sei.

Dies sei jenseits der Vorgänge in Bremen bundesweit der Fall gewesen. In der Bremer Außenstelle des Bundesamts sollen mehr als 1.100 positive Asylbescheide ohne ausreichende Grundlage erteilt worden sein. Die Affäre hat eine politische Diskussion über die mutmaßlichen Rechtsverstöße in Bremen hinaus ausgelöst. Der Innenausschuss des Bundestags hat in Sondersitzungen mit der Aufklärung systematischer Mängel in der Behörde begonnen.

AfD und FDP dringen auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Der Obmann der Unionsfraktion, Armin Schuster (CDU), sagte, es müsse schnellstmöglich mehr Qualität in die Arbeit des Bundesamts einziehen. Angesichts des Flüchtlingsandrangs in den Jahren 2015 und 2016 seien nach Auskunft der Personalvertretung die Standards abgesenkt worden. Der Personalratsvorsitzende Scheinost habe wörtlich gesagt: "Die Anerkennung geht schneller als die Ablehnung." Dies sei "ein klarer Hinweis an die Mitarbeiterschaft" gewesen. Vor diesem Hintergrund erwarteten die Mitarbeiter des Bamf, dass man mit ihnen fair umgehe, sagte Schuster.

Mitarbeiter wollen keinen Ausschuss

Scheinost habe zudem den Appell der Belegschaft übermittelt, "den Fall Bremen nicht zu instrumentalisieren für eine politische Debatte über die Flüchtlingskrise". Zu einem möglichen Untersuchungsausschuss äußerte sich der CDU-Politiker zurückhaltend. Ein solcher Ausschuss befördere genau, was die Mitarbeiter des Bamf nicht wollten, "eine politische Diskussion über ihre Arbeit." Schuster machte sich für eine deutliche Ausweitung von Widerrufsprüfungen stark, damit möglichst viele Asylentscheidungen im Nachhinein überprüft und, wenn erforderlich, widerrufen werden könnten.

Luise Amtsberg von den Grünen, die den Personalratsvorsitzenden Scheinost in den Innenausschuss eingeladen hatten, erklärte dagegen, eine Ausweitung der Widerrufsverfahren sei nicht der richtige Weg. Dies würde erneut Personal binden, das für die aktuellen Asylverfahren gebraucht werde. Sie sprach sich für die bereits laufenden Stichproben-Überprüfungen der Asylbescheide aus. Amtsberg machte in erster Linie die Führung des Bundesamts mit seinem damaligen Chef Frank-Jürgen Weise für die Qualitätsmängel in der Behörde verantwortlich und sprach von einer "katastrophalen Personalpolitik."

Die Probleme in der Asyl-Behörde hätten allerdings schon vor Weises Amtszeit begonnen. Sie seien von der Politik zu lange ignoriert worden. Weise war von der Bundesregierung auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsandrangs zum Chef des Bundesamts berufen worden, um die Effizienz der Behörde zu steigern. Der Innenausschuss wollte am Nachmittag in einer weiteren Sondersitzung Weise, seinen Vorgänger Manfred Schmidt und erneut die heutige Bamf-Chefin Jutta Cordt befragen.

Der Obmann der AfD-Fraktion, Gottfried Curio, sagte, die Vorgaben der Bamf-Leitung über die Zahl der zu bearbeitenden Fälle hätten dazu geführt, "dass Bescheide erteilt werden mussten auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit". Dafür sei letztlich das Kanzleramt verantwortlich, erklärte der AfD-Politiker. Die "katastrophalen Zustände" seien bewusst herbeigeführt worden, um demonstrieren zu können, "wir schaffen das." Die FDP-Obfrau im Ausschuss, Linda Teuteberg, sagte, es sei zu früh, abschließende Bewertungen vorzunehmen und setzte sich erneut für gründlichere Untersuchungen im Rahmen eines Untersuchungsausschusses ein.

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