Neue Kreuzritter: Wie die CSU das "C" eigenwillig interpretiert

Alexander Jungkunz

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21.4.2018, 10:25 Uhr
Neue Kreuzritter: Wie die CSU das

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Als sich Markus Söder nun bei deren Tagung in Schwabach von der bayerischen Landessynode verabschiedete, der er als Protestant einige Jahre angehörte, da wiederholte der neue Ministerpräsident sein vehementes Plädoyer dafür, mehr Kreuze in öffentlichen Räumen aufzuhängen.

Worauf Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm antwortete: "Wir sind uns alle einig, dass es nicht ausreicht, dass Kreuze an der Wand hängen, sondern die Kreuze müssen auch im Herzen sein. Sie müssen, in dem was wir tun und sagen, zum Ausdruck kommen."

Damit brachte der EKD-Ratsvorsitzende recht treffend jenes Unbehagen zum Ausdruck, das nicht wenige empfinden angesichts des neu entdeckten Vorzeigeglaubens der CSU. Denn was die Partei mit dem Verweis auf das "C" durchaus auch bezweckt, ist durchschaubar: Wer derart massiv betont, wie sehr das Christentum zu Deutschland (oder Bayern) gehöre; wer dazu ergänzt, "der Islam" gehöre nicht zu Deutschland, "egal in welcher Form" (Alexander Dobrindt) - wer so agiert, der grenzt natürlich und gezielt andere aus.

Vage bei konkreten Schritten

Keineswegs bloß all die gut integrierten Muslime im Land, die natürlich zu Deutschland gehören, weil sie hier als Schreiner oder Orthopäde, als Gemüsehändler oder Sekretärin, als Anwältin oder Unternehmer arbeiten. Dass der radikale Islam nicht zu Deutschland gehören soll, das unterschreiben alle Parteien.

Aber das ist eben nur eine von vielen Erscheinungsformen dieser Religion - und wie Islamismus konkret zu bekämpfen ist, da bleiben Horst Seehofer in Berlin oder Joachim Herrmann in München bisher viel zu vage. Das wäre eine dringlichere Aufgabe als jener neue Kulturkampf, den die Christsozialen da anzuzetteln versuchen.

Ihr Ansatz, Politik mit demonstrativ vorgezeigter Gläubigkeit zu unterfüttern, dürfte übrigens auch jene irritieren, die weder mit der Kirche noch mit der Moschee etwas zu tun haben oder meinen, dass Glauben doch eher Privatsache sei.

Die Zeit verwies kürzlich auf eine Art Vorläufer dieses neuen Stils der CSU. Von Carl Schmitt, dem ebenso berühmten wie umstrittenen Staatsrechtler und Vordenker der "konservativen Revolution" in der Weimarer Republik und auch danach, stammt jenes Zitat, das seinen eigenen Umgang mit Religion widerspiegelt: "Die Wirkung Christi im sozialen und politischen Bereich unschädlich machen; das Christentum entanarchisieren, ihm aber im Hintergrund eine gewisse legitimierende Wirkung belassen und jedenfalls nicht darauf verzichten."

Die Bibel ist radikal

Auch Dobrindt rief kürzlich eine "konservative Revolution" aus samt Rückbesinnung auf ein (politisch instrumentalisiertes) Christentum. Da wird es heikel. Denn mit der Bibel und ihrem Zentrum, der Bergpredigt, lässt sich schwer Politik machen - und wenn, dann ist sie radikal. Radikal offen, radikal global (statt national), radikal aufseiten der Schwachen. Und keinesfalls ausgrenzend gegenüber anderen.

Also, zugespitzt, all das, was eine konservative Revolution nicht will. Und die zu Recht umstrittenen CSU-Vorhaben, die viele empören, haben mit dem "C" wenig zu tun. Nicht die härtere Asylpolitik. Nicht ein Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, das darauf abzielt, derart Erkrankte zu behandeln wie Straftäter. Und sich ähnlich liest wie das Polizeiaufgabengesetz, das mit den Grundrechten sehr leichtfertig umgeht.

Eine solche, autoritärere Politik lässt sich begründen. Aber schwerlich mit jenem Christentum, das die CSU mit Blick auf Wählerstimmen wiederentdeckt hat.

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