Pannen beim Bamf: Tausende Flüchtlinge nicht identifiziert
4.7.2017, 05:19 UhrDie Sicherheitslücken beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sind auch nach dem Fall Franco A. größer als bisher bekannt. Mehrere tausend Asylbewerber sind weder persönlich angehört, noch erkennungsdienstlich behandelt worden. "Diese sogenannte Risikogruppe umfasst 3638 Antragsteller aus den Herkunftsländern Syrien und Irak, über die im schriftlichen Verfahren entschieden wurde", heißt es Mitte Juni in einer internen Mail des Bamf-Referats für Asylverfahren an die Abteilungsleiter, die den Nürnberger Nachrichten und dem ZDF-Magazin Frontal21 vorliegt.
Von den Syrern und Irakern, deren Identität unklar ist, sollen jetzt nachträglich Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht werden, die dann mit der Datenbank des Bundeskriminalamts abgeglichen werden sollen. Erst jetzt - viele Monate nach ihrer Anerkennung in Deutschland. Über sie wusste das Bamf gar nichts - und gab trotzdem einen Schutzstatus.
Franco A., der Einzelfall?
Das Bundesamt teilte auf Nachfrage mit, diese Fälle würden "bis zum 15.07.2017 nachregistriert": "Das Bamf hat eine mittlere vierstellige Zahl von Fällen identifiziert, in denen eine erkennungsdienstliche Behandlung nachzuholen ist.“ Die Gruppe, über die im schriftlichen Verfahren entschieden wurde, gilt als besonders riskant, weil die Geflüchteten nicht persönlich von Bamf-Mitarbeitern angehört worden sind, sondern nur einen Fragebogen ausfüllen mussten.
Schon vor einem Monat hatte Bamf-Präsidentin Jutta Cordt im Innenausschuss des Bundestag erklärt, dass es 5000 Asylbewerber gebe, die nicht erkennungsdienstlich behandelt wurden. Bislang war aber nicht bekannt, dass diese Antragssteller im schriftlichen Verfahren anerkannt wurden. Eine Bamf-Sprecherin erkläre damals, die nachträgliche Erfassung habe bereits begonnen. Sie schob die Schuld für die fehlende Identifizierung aber auf andere: Manche Bundesländer hätten zunächst versichert, dass alle Asylsuchenden erkennungsdienstlich erfasst worden seien. Dies habe sich inzwischen als falsch erwiesen.
Ende Mai hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) darauf hingewiesen, dass der Fall Franco A. ein Einzelfall sei. Eine stichprobenartige Überprüfung von 2000 Altfällen habe ergeben, dass in keinem anderen Verfahren Sicherheitsstandards in diesem Ausmaß verletzt worden seien.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, sieht die jetzt aufgetauchten Sicherheitslücken beim Bamf kritisch: "Ich bin davon ausgegangen, dass jetzt im Jahr 2017 alle erfasst und registriert wurden, die 2015 zu uns gekommen sind", sagte Lischka im Interview mit Frontal21. "Die Gefahr besteht darin, dass es zu falschen Asylentscheidungen kommt und dass Kriminelle und Menschen mit unlauteren Absichten solche Lücken ausnutzen."
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