So viele Flüchtlinge leben tatsächlich in Deutschland
3.11.2017, 10:41 UhrGrundlage sind Zahlen aus dem Ausländerzentralregister. Allerdings ist unklar, wie viele Menschen darin mehrfach erfasst sind.
Etwa die Hälfte aller Schutzsuchenden kommt aus drei Ländern: Syrien, Afghanistan und dem Irak. Die meisten Menschen mit abgelehntem Asylantrag stammen aus Serbien und Albanien. Als schutzsuchend gelten hier: nach Genfer Konvention anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte, also Menschen mit einem eingeschränkten Schutzstatus, und Asylbewerber – also jene, die noch einen Asylantrag stellen wollen oder auf einen Asylbescheid warten. Die Gruppe umfasst auch abgelehnte Asylbewerber, die geduldet werden, noch nicht ausgereist sind oder noch nicht abgeschoben wurden.
Kommentar - Abgetauchte Asylbewerber: Wie man einen Skandal kreiert
Zu den anderen fünf Sechsteln der Ausländer gehören vor allem Bürger anderer EU-Staaten, Ausländer, die zum Studieren oder Arbeiten oder als Firmengründer hier sind, und solche, die eine Duldung haben, die nicht an Asyl gebunden ist – etwa wegen eines abgelaufenen Visums.
Schutzstatus hat etwa die Hälfte
Mehr als die Hälfte der Schutzsuchenden (872.000) hat einen humanitären Aufenthaltstitel und damit einen Schutzstatus. Dieser ist bei den meisten befristet (600.00). Gut jeder Dritte (573.000) wartet auf die Entscheidung seines Antrags. Bei 158.000 wurde der Asylantrag abgelehnt. Bei drei Viertel von ihnen (118.000) ist die Ausreisepflicht wegen einer Duldung vorübergehend ausgesetzt.
Schutzsuchende sind oft junge Männer, und zwar fast zwei Drittel der 1,6 Millionen. Bei der ausländischen Bevölkerung insgesamt sind es nur 53 Prozent, im gesamten Land sogar nur 49 Prozent. Das Durchschnittsalter der Schutzsuchenden beträgt 29,4 Jahre. Das Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung beträgt 44,2 Jahre. Das Amt räumte ein, rund 392.000 Ausländer seien in der Statistik nicht berücksichtigt worden, da sich nicht eindeutig bestimmen ließ, ob sie aus humanitären Gründen gekommen seien.
Stärkerer Anstieg im Osten
In den neuen Bundesländern stieg die Zahl der Schutzsuchenden von 2014 bis Ende 2016 um 153 Prozent und damit deutlich stärker als in Westdeutschland einschließlich Berlin mit einem Plus von 107 Prozent. Allerdings fiel der Anstieg in Ostdeutschland höher aus, weil dort im Jahr 2014 anteilig sehr viel weniger Schutzsuchende registriert waren. In absoluten Zahlen lebten 2016 die meisten Schutzsuchenden in Nordrhein-Westfalen (429.000), die wenigsten in Bremen (23.000 Personen). Der Anteil der Schutzsuchenden an allen Ausländern war in Sachsen-Anhalt mit 37 Prozent am höchsten und in Bayern mit elf Prozent am niedrigsten.
An der Belastbarkeit der Daten im Ausländerzentralregister gibt es aber generell Zweifel. Die Behörden geben zu, dass die Datensammlung strukturelle Mängel habe – zum Beispiel weil Menschen das Land zum Teil bereits verlassen haben, in der Aufstellung aber weiter geführt werden. Das Register wird derzeit überarbeitet.
Auch ein Bericht der Bild-Zeitung bezieht sich darauf. Das Blatt rechnete vor, im Dezember 2016 seien im Ausländerzentralregister rund 54.000 Personen als ausreisepflichtig gemeldet gewesen, laut Statistischem Bundesamt hätten 2016 aber nur rund 24.000 dieser Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen. Es gebe also 30.000 abgelehnte Asylbewerber, von denen die Behörden nicht wüssten, wo sie sich aufhalten. Das sei ein Skandal.
Das Bundesinnenministerium wies dies als "Behauptung" zurück, die von einer unzutreffenden Berechnung ausgehe. Der Schluss sei unzulässig, dass es sich bei den 30.000 Menschen allein um abgelehnte Asylbewerber handele. Nur etwa die Hälfte der Ausländer, die im Zentralregister als ausreisepflichtig erfasst seien, seien abgelehnte Asylbewerber. Ob der negative Bescheid Ausreisegrund sei, lasse sich dort nicht ablesen. Außerdem ließen sich die Asylbewerberleistungen nicht einfach gegenrechnen.
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