Allgäuer Salafist zur Abschiebung festgenommen
3.10.2014, 17:04 UhrDeutsche Sicherheitsbehörden haben nach Angaben des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) jahrelang die Ausreise radikaler Islamisten gebilligt oder sogar unterstützt. Grundgedanke dabei sei der "Schutz unserer Bevölkerung" gewesen, sagte der Leiter der Abteilung polizeilicher Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung des LKA, Ludwig Schierghofer, dem WDR-Magazin "Monitor".
Die Grünen im Bundestag reagierten empört. "Die Praxis, Dschihadisten zur Ausreise zu ermutigen, käme einem Terror-Export gleich", sagte die Sprecherin für innere Sicherheit, Irene Mihalic, am Donnerstag in Berlin. "Sollten sich die Thesen bewahrheiten, wäre der Umgang des Bundesinnenministeriums mit Dschihadisten bis zum Herbst 2013 ungeheuerlich." Sie verlangte, Bundesinnenminister Thomas de Maizière müsse im Innenausschuss dazu Stellung nehmen.
Vertrauliches Papier aus dem Jahr 2009
Schierghofer sagte "Monitor", die Überlegung sei damals gewesen, "Personen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie Anschläge begehen werden, außer Landes zu bringen".
"Wenn sich jemand radikalisiert hatte und ausreisen wollte, dann hat man versucht, ihn auch ausreisen zu lassen oder auch durch ausländerrechtliche Maßnahmen die Ausreise auch noch zu beschleunigen."
Schierghofer führte der Presse gegenüber am Donnerstag aus, Grundlage für die Entscheidungen über die Ausreise sei ein vertrauliches Papier der Innenministerien von Bund und Ländern vom Mai 2009 gewesen, das die "Verfahren und Maßnahmen bei der Aus- und Einreise von gewaltbereiten Islamisten" regelt. Das Papier habe die Möglichkeit eröffnet, die Ausreise dieses Personenkreises aus Deutschland nach einer Einzelfallprüfung entweder zu verhindern oder auch zuzulassen.
"Bekannte Terroristen und gefährliche Islamisten, von denen man wusste, dass sie im Ausland Straftaten begehen wollen, wurden aber auch schon in den Jahren 2008 und 2009 an der Ausreise gehindert", betonte der LKA-Beamte. Das Konzeptpapier sei in den Jahren 2010 und 2013 aktualisiert und an die neue Bedrohungslage angepasst worden.
Seit Monaten diskutieren deutsche Sicherheitsbehörden über verschiedene Möglichkeiten, die Ausreise gewaltbereiter Islamisten - etwa nach Syrien oder in den Irak - zu verhindern. Sie gehen davon aus, dass bisher rund 450 Extremisten aus Deutschland in Richtung Kriegsgebiet ausgereist sind.
Salafist in Kempten festgenommen
Unterdessen wurde bekannt, dass in Kempten im Allgäu der Salafist Erhan A. festgenommen wurde. Er soll nach Angaben des bayerischen Innenministeriums umgehend in die Türkei abgeschoben werden. Einen entsprechenden Bericht der "Augsburger Allgemeinen" bestätigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Freitag. Der festgenommene 22-Jährige sei eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit Deutschlands.
"Jemand, der in aller Öffentlichkeit die Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat gutheißt, das Köpfen von Journalisten rechtfertigt und nicht davor zurückschreckt, seine eigene Familie zu töten, wenn sie sich nicht an die islamischen Gesetze hält, hat bei uns nichts zu suchen", sagte der CSU-Politiker. "Es gibt keinen anderen Weg, als ihn in sein Heimatland abzuschieben." Hinweise zu konkreten Straftaten oder Anschlagsplänen lägen nicht vor.
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