Konzepte für Demenz-Zentrum überzeugen nicht
17.7.2015, 10:22 Uhr„Ich habe selten so eine komplizierte Aufgabe wie hier auf kleinem Raum erlebt“, erklärte Professor Michael Gaenßler, einer der Fachpreisrichter des Architektenwettbewerbs. Statt eines ersten Preises - derjenige hätte den Zuschlag erhalten - sind drei Vorschläge prämiert worden.
Die beiden zweiten Preise gingen an die Arbeitsgemeinschaft der Stuttgarter Architekturbüros Generalplaner und Backeweberbleyle sowie an Steimle Architekten, ebenfalls aus Stuttgart. Mit einem dritten Preis ausgezeichnet wurde das Büro Köppen und Rumetsch aus Nürnberg. Noch bekommt keiner von ihnen den Auftrag. Allerdings haben sie die Möglichkeit, ihre Projekte anhand der Anregungen der Jury weiterzuentwickeln.
Die 16 Wettbewerbsteilnehmer hatten verschiedene Aspekte zu vereinen. Einerseits sollte das Stadtbild berücksichtigt werden, das von Satteldächern geprägt ist, und andererseits sollte sich das neue Gebäude gut in das Ensemble der Hospitalstiftung mit ihrer fast 700-jährigen Tradition einfügen. Errichtet wird das neue Demenz-Zentrum am westlichen Ende des Areals, wo derzeit noch das ehemalige Feuerwehrhaus steht.
Drei-Welten-Konzept
Zudem sollte der Neubau den Anforderungen des Drei-Welten-Konzepts entsprechen, das von den Mitarbeitern der Hospitalstiftung als das beste erachtet wird. Claus Düll erläuterte dies als Leiter der Hospitalsstiftung bei der Übergabe der Urkunden. Demenz sei eine fortschreitende Krankheit: Ist sie noch wenig ausgeprägt, können Patienten bei guter Betreuung noch daheim leben oder eben in der Hospitalstiftung. In der zweiten Phase brauchen sie bereits mehr Hilfe. Diese Patienten würden den Weg nicht mehr alleine nach Hause finden, hätten aber noch einen großen Bewegungsdrang, so Düll. Besonders schutzbedürftig sind Menschen in der dritten Demenz-Phase. Häufig sind diese bereits bettlägerig. Die verschiedenen Gruppen sind für Düll zu trennen, weil es zu Konflikten kommen kann.
Damit rückt die Hospitalstiftung von ihrem bisherigen Konzept ab, nach dem jeder Patient immer das gleiche Zimmer bewohnt hat. Im Demenz-Zentrum würden sie mit dem Fortschreiten der Krankheit in einen anderen Bereich umziehen. Düll hat auch die Belastung der Mitarbeiter und die Wirtschaftlichkeit im Auge. Kurze Wege sind ihm deshalb wichtig.
"Kampfspuren der Architekten"
Alle diese Anforderungen auf engem Raum unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung. „Man sieht auf den Plänen die Kampfspuren der Architekten“, sagte Gaenßler. Eine optimale Lösung sei noch nicht dabei gewesen. Alle haben einen Innenhof eingeplant, nach außen entspricht bei jedem der prämierten Entwürfe das Satteldach der Architektur der umliegenden Gebäude. Bei einem der Modelle lobte Gaenßler die ideale Umsetzung der funktionalen Anforderungen, bemängelte allerdings, dass die Bauweise im Innenbereich kompliziert und unharmonisch wirke. Nach außen jedoch sei die Architektursprache einfach und angenehm. Beim anderen zweiten Preis fand Gaenßler Mängel in der Funktionalität, so sei die dritte Welt des Demenz-Konzeptes nicht von den anderen Bereichen zu trennen. Beim dritten prämierten Konzept wurden unter anderem die langen Wege kritisch gesehen. Außerdem wurden noch zwei Anerkennungen für weitere Vorschläge ausgesprochen.
Immer mehr Erkrankte
Die Architekten erhalten nun die Möglichkeit, ihre Entwürfe noch einmal zu überarbeiten. Einen konkreten Zeitplan gibt es laut Bürgermeister Bernhard Kisch für das weitere Vorgehen noch nicht. Eine genaue Planung ist entscheidend, immerhin geht es um ein großes und wichtiges Projekt, so Kisch.
Die Hospitalstiftung reagiert mit dem Neubau auf große Veränderungen in der demografischen Entwicklung und die mit dem höheren Lebensalter immer häufiger auftretenden Demenz-Erkrankungen. 1,4 Millionen Menschen leiden in Deutschland bereits daran. Pro Jahr kämen etwa 250 000 hinzu, so Düll. Waren im Jahr 2013 von 90 Bewohnern der Hospitalstiftung nur 46, also rund die Hälfte, dement, so sind es aktuell zwischen 65 und 70 Prozent, erklärte er.
Eine 2012 im Auftrag des Kreistags erstellte Studie geht laut Düll davon aus, dass in Bad Windsheim in einigen Jahren rund 350 bis 400 Menschen an Demenz leiden werden. Aktuell gibt es zwar vier Seniorenheime in Bad Windsheim, dort werden die dementen Menschen mitbetreut. Es fehlt aber eine besonders auf diese zugeschnittene Einrichtung.
Immer unter Strom
Düll berichtete aus dem Pflegealltag und zeigte damit einen der Gründe, warum das Zentrum wichtig ist. Für die Mitarbeiter einer regulären Station sei es schwierig, immer unter Strom zu stehen und Angst zu haben, dass ein dementer Patient weglaufe. Wie er zuvor erklärt hatte, sind das die Menschen in der zweiten Phase, die noch körperlich fit sind, Bewegungsdrang verspüren, aber sich nicht mehr überall selbst zurechtfinden.
Die Pläne und Modelle des Architektenwettbewerbs sind noch bis 30. Juli täglich von 8 bis 16 Uhr im Spitalsaal der Hospitalstiftung zu sehen. Wie Bürgermeister Kisch ankündigte, soll es Führungen geben. Termine dafür gibt es jedoch noch nicht
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen