Bamberger FriendCircle zur Flüchtlingshilfe im Libanon
3.6.2016, 10:10 UhrZwei Bamberger, zwei Flugtickets. Der Ort des Geschehens: der Frankfurter Flughafen. Soweit so normal. Ungewöhnlich einzig das Ziel der Reise: Beirut im Libanon. Anfang April machten sich die Geschwister Alexandra Schmitz und der Chirurg Michael Dykta auf den Weg. An den folgenden acht Tagen machten sie nicht etwa Strandurlaub, sondern waren im eherennamtlichen Einsatz des FriendCircle WorldHelp für Geflüchtete und Heimatlose, vornehmlich aus Syrien und Palästina.
Alexandra und Michael sind ein eingespieltes Team, das Zimmer im Hotel wird zur Schaltzentrale und gleich am ersten Abend werden routiniert Verbindungen geknüpft. Über das Hotelpersonal kommt es zur Kontaktaufnahme mit Ahmed, einem Kenner der Flüchtlingslager im Libanon, der zusätzlich als Übersetzer fungiert. Der Treffpunkt am frühen Morgen: Das erste Camp in Ketermaya, eine Autostunde südlich von Beirut.
35 syrische Flüchtlings-Familien leben hier, aus Holz und Zeltplanen wurden einfache, saubere Unterkünfte gezimmert. Doch der solide Ersteindruck trügt. "Diese Menschen leben semilegal im Land, sie werden von der Regierung nur toleriert", beschreibt Michael und ergänzt: "Wenn internationale Hilfsgelder zunehmend versiegen, kommt zum persönlichen Schmerz noch existenzielle Not dazu." Seelische Unterstützung spenden sich die Betroffenen gegenseitig. So berichtet Michael von einer 64-Jährigen, die sich nach dem Verlust ihrer Angehörigen hingebungsvoll um fünf Waisenkinder im Alter von vier bis zehn Jahren kümmert.
Um die materielle Not zu lindern, machen sich die Helfer vor Ort ein Bild. Die Mütter von etwa 25 Säuglingen können mit Milchpulver versorgt werden, den älteren Kindern wird mit der Verteilung von Schulmaterialien ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Sie seien angetan von der Begeisterung und dem unbeschwerten Auftreten der Kleinen gewesen, erinnert sich Michael.
Einprägsame Begegnungen vor Ort
Doch in den folgenden Tagen offenbart sich den Helfern auch die quälende Pein des Krieges. In Akkar begegnen die beiden Bamberger einem jungen Vater um die 25. Sein Schädel weist in Folge eines Chemiewaffenangriffs eine große Vertiefung auf. Er ist erblindet. "Da ich selbst Kinder habe, hat es mich sehr betroffen gemacht, dass dieser Mann nicht mehr für seine Familie sorgen kann", unterstreicht Michael.
Raeda musste mit ansehen, wie ihr Mann und ihre Kinder brutal getötet wurden. Die psychisch kranke Frau spricht seither nicht mehr mit ihren Mitmenschen. Mit einem alten Telefon glaubt sie, mit ihren Lieben in Kontakt treten zu können.
Alexandra und Michael lassen sich nicht entmutigen. Gemeinsam mit Ahmed und einem jugendlichen Helfer schnüren sie 70 Pakete mit einer Auswahl an Grundnahrungsmitteln wie Linsen, Reis und Mehl zur Verteilung an Bedürftige, insbesondere an kinderreiche Witwen. Der Gegenwert eines Pakets übersteigt ein ums andere Mal das monatliche Auskommen, dementsprechend dankbar sind die Bedachten. "Hier wohnen Schmerz und Hoffnung dicht beieinander. Der Verstand, den wir zuhause so gerne benutzen, kann die Situation kaum einsortieren", beschreibt Michael seine Impressionen.
Arbeit im Geheimen
Unverdrossen geht die Mission weiter. In der Bekaa-Ebene im Osten des Landes finden weitere 100 Hilfsboxen ihre Abnehmer. Trotz militärischer Posten wird auch ein Lager mit staatenlosen Flüchtlingen aus Palästina versorgt. In der Behaglichkeit des Cafés kann Michael nun ziemlich entspannt darüber erzählen, dass sie beinahe von einem Spitzel entdeckt wurden und voneinander getrennt Reißaus nehmen mussten. "Ich bin seit acht Jahren mit dabei, man entwickelt Expertise und lernt, angstbefreit vorzugehen", wischt der Bamberger Chirurg Nachfragen des Reporters zu seinem Ruhepuls vom Tisch. Vielmehr empfindet er die Arbeit vor Ort als "erfüllend".
Während er berichtet, befindet sich Alexandra als Teil eines fünfköpfigen Teams erneut in Nepal. Nachdem es dort letztes Jahr tatkräftige medizinische und materielle Hilfe einbrachte, beaufsichtigt er nun den Aufbau einer Schule. Zuletzt hatte Alexandra in Indien tausende Mützen internationaler Stricker verteilt. Angesprochen auf seine mittelfristigen Pläne, verrät Michael, dass der Verein derzeit auf einen Bus spare, um in der Himalaya-Region ein "ultra mobiles medizinisches Camp" einzurichten. Bei solch engagierten Plänen droht absolut keine (Urlaubs-)Langeweile beim FriendCircle WorldHelp.
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