Hauptsmoorwald Bamberg: Kampf geht in heiße Phase
15.11.2018, 10:31 UhrDass der Wahltermin näher rückt und viel auf dem Spiel steht, zeigt sich schon im Bamberger Innenstadt-Bild deutlich. Die erst vor wenigen Wochen verschwundenen Wahlplakate für die kürzlich stattgefundene Landtagswahl im Oktober wurden quasi lückenlos durch neue ersetzt – diesmal um die Stimmen der Wählerschaft zum großen Thema Hauptsmoorwald werbend. 8703 Ja-Stimmen bräuchten Rats- oder Bürgerbegehren jeweils, um als Sieger aus dem Entscheid hervorzugehen.
Nachdem die Kompromissgespräche zwischen den Beteiligten ergebnislos verlaufen sind, wird nun in der heißen Phase kurz vor dem Wahltermin viel in Marketing-Mittel, Plakat- und Flyer-Werbung sowie verschiedene Werbe-Aktionen investiert.
Führungen über das eingezäunte MUNA-Gelände
Die Stadt Bamberg hat großflächig plakatiert, einen Pop-up-Store im ehemaligen MyMuesli-Laden in der Innenstadt zur Bürgerinformation eröffnet (Hauptwachstraße 3, Mo-Fr: 10-18 Uhr) und fünf Führungen über das betroffene, der Bevölkerung sonst nicht zugängliche MUNA-Gelände angeboten. Mehrere Kurzvorträge während des 90-minütigen Spazierganges über das insgesamt 140 Hektar informierten die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger über die dortigen Planungen.
Oberbürgermeister Andreas Starke, der die Teilnehmer vor der 2,5 km langen Runde begrüßte, betonte abermals die "Jahrhundertchance für Bamberg", die sich in der Entwicklung der MUNA böte und als einzige Möglichkeit Platz für die dringend benötigten Gewerbeflächen zur Verfügung stellen könnte. In seinen Augen ist die Bebauung der "beste Kompromiss aus Ökologie und Ökonomie". Eine Aussage, die die Bürgerinitiative weiterhin schwer in Frage stellt, für sie ist eine echte Übereinkunft von ökonomischen und zugleich ökologischen Interessen mit diesem Bebauungsplan nicht möglich. Volker Braun bekräftigt das Ziel der Bürgerinitiative, die einjährige Zwangspause, die die BI mit einem gewonnenen Entscheid und damit dem Stopp des Bauvorhabens erwirken würde, zu nutzen, um sich im Sinne einer nachhaltigen Politik und unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger für eine mögliche schonende Bebauung des Gebiets neu zusammenzusetzen.
Thema Altlasten auf der MUNA
Besonders unter den Nägeln brennt den Bürgern vor allem die Frage nach den viel diskutierten Altlasten, die sich auf dem ehemaligen Munitionsgelände finden und unter anderem mögliches Gefahrenpotential für das Grundwasser sind. Weiterhin werden dort noch rund 40 Tonnen vermisste Munition vermutet.
Die aktuelle Eigentümerin des Gebietes ist die BImA und damit grundsätzlich auch verantwortlich für die Sanierung bzw. mögliche Befreiung des Areals von Kampfmittel- und Schwermetallrückständen, Öl, Benzin o.Ä. Wenn Bamberg das Gelände kauft und die Fläche als Gewerbepark umnutzen möchte, greift die Eingriffsregelung, nach welcher sich Bamberg verpflichtet, die Flächen von den Altlasten zu befreien. "Wird die MUNA nicht verkauft, ist weiterhin die BImA zuständig und es kann sein, dass diese erst dann eingreift, wenn kritische Grenzwerte, was zum Beispiel die Verunreinigung des Grundwassers angeht, tatsächlich überschritten werden", wie Konversionsamtsleiter Harald Lang erläutert. "Somit könnte die MUNA noch jahrelang eingezäunt und nicht betretbar bleiben".
Geplant ist die Öffnung eines Teils des Geländes für die Bevölkerung als Naherholungsgebiet, was momentan und ohne eine stattfindende Sanierung aufgrund der Gefahrenquellen (ungesicherte Bauwerke, Granatenhülsen o.Ä.) nicht möglich ist. Allerdings steht auch hier die Frage im Raum – und welche auch Lang derzeit nicht beantworten kann – inwieweit eine solche Sanierung und Entfernung dieser Altlasten möglich ist und in welchem Zeitumfang ein solches Mammut-Projekt umsetzbar wäre.
Zweitgrößtes Rodungsvorhaben in Bayern
Die BI hält dagegen, dass bei dem Thema Altlasten-Beseitigung die BImA in die Pflicht genommen werden müsste – was ihrer Sicht nach auch erreichbar ist. Das Gefahrenpotential der dortigen Altlasten ist bekannt und sie ist nach Art. 120 dazu verpflichtet, das Gebiet zu sanieren. Der BI geht es vor allem um die große Fläche Wald, die dem Vorhaben weichen müsste und es mit über 50 Hektar zum aktuell zweitgrößten Rodungsplan in Bayern macht. Diskussionen bestehen auch immer wieder um die unterschiedlichen Flächenangaben und die gegenseitigen Vorwürfe der Beteiligten, die jeweiligen "Gegner" verfälschten die Zahlen. Die Stadt Bamberg betont immer wieder die Reduktion des ursprünglichen Bebauungsplanes von 75,30 Hektar auf nun 46 Hektar. (Zur Wahl im Ratsbegehren steht nicht der letzte Kompromissvorschlag des OB von ca. 23 Hektar, sondern die zuvor am 26. September im Stadtrat beschlossenen 46 Hektar). Die Initiative argumentiert dagegen, dass die gesamte Eingriffsfläche 70 Hektar betrage, da es zwar um 46 Hektar reine Gewerbeflächen handle, in welche aber nötige Baumfalltrassen, Straßenbegleitgrün und Hochwassergräben mit einzubeziehen seien.
Fremde Investoren auf der MUNA?
Ein zweiter Punkt, um den sich die Bamberger sorgen, ist der mögliche Verkauf des MUNA-Geländes an fremde Investoren, sollte nicht Bamberg selbst das Gebiet von der BImA erwerben. Im aktuellen Rathaus-Journal wird diese Angst unter anderem mit dem Satz "Ob dann [nach einem möglichen Verkauf an ausländische Großinvestoren] Bamberger Belange berücksichtigt werden könnten, ist äußerst fraglich" geschürt. "Das ist Unfug", entgegnet hingegen Volker Braun. "Selbst wenn das Gelände tatsächlich anderweitig verkauft werden sollte, befindet es sich weiterhin auf Bamberger Stadtgebiet und somit läge die Planungshoheit bei der Stadt. Es müsste auch hier ein Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden, gegen das wiederum Einspruch eingelegt werden könnte und kein Käufer kann dann tun und lassen, was er möchte".
Kritik an Marketing-Offensive der Stadt
Die Stadt Bamberg setzt für die Bewerbung ihres Ratsbegehrens ein Budget von 30.000 Euro ein. Die Bürgerinitiative, die ihre Wahlwerbung durch Spenden und private Mittel finanziert kritisiert dieses Ungleichheit deutlich. Einen "Kampf David gegen Goliath" nannte es Jonas Glüsenkamp, Vorstandsmitglied der GAL Bamberg und wünscht sich „mehr Souveränität von der Stadt“. Zwar steht einer Kommune Parteilichkeit zugunsten ihres Ratsbegehrens zu, dennoch sei diese Kampagne als "massive Meinungsmache des Rathauses auf Steuerkosten" zu beurteilen. Ulrike Siebenhaar, Pressesprecherin der Stadt Bamberg, beantwortet diesen Vorwurf damit, dass es "völlig legitim ist, wenn wir als Stadtverwaltung eine mehrheitliche Entscheidung unseres Stadtrates engagiert unterstützen und vertreten".
Informationsmöglichkeiten für Unentschlossene
Beide Parteien bieten noch unentschlossenen Wahlberechtigten die Möglichkeit sich zu den jeweiligen Positionen näher zu informieren. Die Stadt Bamberg lädt zu einem Bürgerinformationsgespräch zum Ratsbegehren am heutigen Donnerstag um 19 Uhr in dem Spiegelsaal der Harmonie am Schillerplatz ein. Wer sich zum Bürgerbegehren "Für den Hauptsmoorwald" informieren möchte, für den besteht ebenfalls am heutigen Abend die Möglichkeit, ab 19 Uhr an einer Podiumsdiskussion des Bürgervereins Südwest am Klemens-Fink-Zentrum, Babenberger Ring 1, teilzunehmen. Die BI nutzt außerdem die Geschäftsstelle des Bund Naturschutz (Kapuzinerstraße 12) täglich von 16 - 18 Uhr als Anlaufstelle für Interessierte und deren persönliche Information.
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