Bezirkskliniken: Weiter Wirbel um Helmut Nawratil
19.8.2017, 05:25 UhrKarl P. ist 54 Jahre alt, zu hundert Prozent schwerbehindert und seit 30 Jahren bei den Bezirkskliniken in Ansbach beschäftigt, die letzten Jahre als Schichtleiter im Pfortendienst als Vorgesetzter von neun Mitarbeitern. Lange saß P. (Name geändert) im Personalrat.
Ende 2015, so berichtet P.s Anwalt Martin Klein, habe sich die Atmosphäre geändert. Dem Pförtner wurde plötzlich "pflichtwidriges Fehlverhalten" und Störung des Betriebsfriedens attestiert; er erhielt mehrere Abmahnungen, gegen die er sich zur Wehr setzte. Eine Kündigung scheiterte allerdings am Veto des Personalrats. Daraufhin verfügte die Leitung des Kommunalunternehmens des Bezirks, P. werde in den Bereich Einkauf versetzt - ohne Vorgesetztenfunktion und mit Geldeinbußen.
"Schikanös motiviert und unzumutbar"
P.s Rechtsanwalt führt die harte Linie auf den rüden Führungsstil des Vorstands Helmut Nawratil (47) zurück, der sich zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt sieht. Mehrere (Führungs-)Kräfte wurden entlassen oder versetzt; Arbeitsgerichtsprozesse stehen an. Nawratils Umgangsstil färbe auf die mittlere Ebene ab, kritisiert Anwalt Klein.
Er bezeichnete die Versetzung als "schikanös motiviert und unzumutbar". Die achte Kammer des Arbeitsgerichts Nürnberg folgte dieser Einschätzung und verurteilte die Bezirkskliniken am 17. Januar dieses Jahres, P. "zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Schichtleiter im Pfortendienst des Bezirksklinikums Ansbach zu beschäftigen". Das Klinikum kündigte zwar an, Berufung einlegen zu wollen, ließ die Frist aber verstreichen. Also ist das Urteil - es liegt unserer Redaktion vor - im April 2017 rechtskräftig geworden.
Alle "diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft"
Doch die Gegenseite befolge die Entscheidung nicht, klagt Anwalt Klein. Mehrmals schrieben die Vertreter des Bezirksklinikums, der Einsatz als Schichtleiter an der Pforte werde abgelehnt; P. sollte sich zur Arbeit melden, mal als Parkplatzwächter, mal zu einer Tätigkeit in der Arbeitstherapie; zeitweise sollte der Behinderte in einem Dachgeschossbüro einquartiert werden. Die Maßgabe des Gerichts, ihn wieder auf seiner angestammten Position einzusetzen, ignoriert das Klinikum.
Man wolle seinen Mandanten zermürben, wettert Klein, ihn los werden - dabei finde er in seinem Alter und mit der Behinderung keine andere Stelle mehr. Deshalb werde er um seinen Arbeitsplatz weiter kämpfen.
Nachdem alle "diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft" seien, hat der Anwalt nun beim Gericht die Zwangsvollstreckung des Urteils beantragt, um die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen auf der alten Stelle zu erzwingen - andernfalls drohen ein Zwangsgeld bis zu 25.000 Euro oder ersatzweise sogar Zwangshaft.
Jetzt muss das Klinikum Stellung beziehen. "Es wird nur noch peinlicher", zürnt Anwalt Klein, "das Verhalten ist nicht nachvollziehbar - vorsichtig formuliert."
Kritiker nennen es "Maulkorb"
Der Bezirk Mittelfranken, dem das Kommunalunternehmen Bezirkskliniken gehört, gibt keinen Kommentar ab, sondern verweist auf die Kliniken. Deren Sprecherin Ariane Peine antwortet auf die Nachfrage unserer Redaktion: „Wir befinden uns in einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem genannten Mitarbeiter, die wir weiter versuchen, gütlich beizulegen. Darüber hinaus bitten wir um Verständnis, dass wir über einzelne interne Personalangelegenheiten keine weiteren Auskünfte geben.“ Auch zu den Hintergründen der Abmahnungen und der Versetzung wird nicht Stellung genommen.
Im Gegenteil: Vorgesetzte der Psychiatrie in Erlangen warnten unlängst generell alle Mitarbeiter schriftlich, gegen die Verschwiegenheitspflicht zu verstoßen. Sie wurden ermahnt, nicht mit Journalisten über die Zustände am Europakanal oder in anderen Kliniken zu reden oder etwas in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Kritiker nennen das einen "Maulkorb".
Karl P., zuletzt krankgeschrieben wie Helmut Nawratil auch, wird am Montag wieder zur Arbeit erscheinen und seinen Posten an der Pforte einfordern. Er ist gespannt, wohin man ihn setzen will.
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