Ein Fußball als Wohnmobil
4.8.2012, 13:39 Uhr„Wir wollen nachempfinden, in welcher Situation die Macher damals waren“, sagt Initiator Hubertus Wiendl. Nächste Woche beginnen die Vorbereitungen für das Ballonauten-Projekt 2012.
Im Mai 1932 waren der Handwerker Jakob Schmid und der Hafenarbeiter Franz Berzel von Regensburg aus aufgebrochen. Der einfache Grund für die Reise: Die jungen Männer waren arbeitslos und hatten einfach nichts Besseres zu tun. Um ihre freie Zeit sinnvoll zu nutzen, wollten die begeisterten Fußballspieler die Bekanntheit ihrer damals noch leidlich populären Lieblingssportart fördern.
Ein Fußball mit integrierter Schlafstatt
Mit Hilfe von befreundeten Handwerkern konstruierten Schmid und Berzel einen überdimensionalen Fußball mit mehr als zwei Metern Durchmesser und einem Gewicht von rund 600 Kilogramm. Der besondere Clou: Im Inneren der hohlen Holzkonstruktion war ein beweglich aufgehängtes Bett untergebracht. Auf diese Weise diente der Fußball auch als Wohnwagen für die Männer.
Unterwegs verkauften Berzel und Schmid Postkarten und füllten mit den Einnahmen ihre Reisekasse. Die Karte zeigt ein Foto der Ball-Konstruktion darunter steht: „Zwei Männer von dem Donaustrand rollen 12 Zentner durch das Land“.
16 Monate waren die Sportsfreunde in Deutschland unterwegs. Ihre Reise führte sie von Regensburg aus über Dresden und Berlin an die Ostseeküste, zurück an den Alpenrand und zuletzt ins Schwäbische. Nach gut 3.000 Kilometern auf der Straße kam das Aus. Der überdimensionale Fußball zerbrach, die Reise der „Ballonauten“ war zu Ende.
Fast acht Jahrzehnte nach der unglaublichen Deutschlandreise fielen dem Regensburger Journalisten Hubertus Wiendl die Tagebuchaufzeichnungen der Ballonauten in die Hände. Der Autor war fasziniert. „Die Männer haben eine Reise durch ein Land in der Wirtschaftskrise gemacht.“ Schmids Aufzeichnungen und die rund 1.000 Fotos, die die Männer auf ihrer Reise anfertigten, würden ein einmaliges Panorama vom Deutschland am Vorabend der Machtergreifung nachzeichnen.
Ungewöhnliches Gefährt wird nachgebaut
Wiendl entschloss sich, ein Revival zu organisieren. Ab kommendem Montag werden auf einem Gelände am Regensburger Donauufer freiwillige Helfer damit beginnen, das ungewöhnliche Gefährt der Ballonauten originalgetreu nachzubauen. Nach der Fertigstellung soll das hölzerne Fußball-Wohnmobil dann erneut auf eine Deutschlandreise auf den Spuren von Schmid und Berzel geschickt werden.
Die zweite Reise der Ballonauten soll nach Wiendls Vorstellungen ein kombiniertes Fußball-, Pädagogik und Kunstprojekt werden. „Wir werden von Schule zu Schule ziehen.“ Zum neuen Ballonauten-Team soll dann auch ein Geschichtslehrer gehören. Auf der Reise sind Lesungen aus dem Balllonauten-Tagebuch, Ausstellungen, Diskussionsrunden und natürlich Fußball-Turniere geplant.
Auf rund drei Jahre hat Wiendl das Ballonauten-Revival angelegt. Sein Traum wäre, wenn noch eine Kinoverfilmung des Stoffs zustande käme. „Die Geschichte der beiden Deutschlandreisenden hat das Potenzial, ausgiebig und lebendig verfilmt zu werden“, meint Wiendl.
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