Die „Saukrüppel“ treffen den Hass
30.4.2015, 19:55 UhrHört, hört: Der „Empörungsdienstleister“ predigt Hass. Und das nicht zu knapp. Aber zuerst hoppt Rebers durch seine wunderbare Biografie, durch seine wunderbar erfundene schlesische Vergangenheit, mit dominanter Mama, Ponybraterei und allem, in einer Zeit, als Kinder noch „Rotzlöffel“ und „Saukrüppel“ sein durften und auch so genannt wurden. Rebers zimmert sich auch im weiteren Verlauf eine Vita zurecht, die ihn zwangsläufig zu den Themen bringt und über sie ablästern lässt, die so gemeinhin wie klischeehaft ziemlich viel auf einer Kabarettbühne verloren haben – also Pegida, Islamisten, Veggie-Day, Terror, Religion, Shopping, Feminisierung, die soziale wie politische Mitte.
Fiktive Existenzen
In seiner Rolle als „Blockwart“ eines Münchner Mietshauses geht er wie ein Berserker auf die fiktiven Existenzen seiner Umgebung ein, die allesamt als Stichwortgeber für konsensfähige Political Correctness fungieren – und formuliert mit sprachlichem Furor knochentrockene Einzeiler, Repliken und Gedanken, deren Ingrimm so bösartig wie logisch ist. Volkes Stimme entlarvt Volkes Stimme – das muss man erst mal so hinkriegen. Dass das Ganze zusätzlich hochgradig komisch und amüsant ist, ist dem Schauspieler Rebers zu verdanken, der seine Porträt-Miniaturen in ihren nur allzu bekannten Alltagssituationen mit derart boshaftem Schalk hinrotzt, dass man glaubt, selbst mit am Deutungshoheit-Stammtisch zu sitzen. Zwischendurch gönnt sich Rebers eine Spiel-Auszeit und wird ernst: Dann baut er Kausalketten auf, die unbestechlich klarmachen, wie gesellschaftspolitische Phänomene entstehen und wie sie von Politik und Medien instrumentalisiert werden. In der Reber’schen Diktion hört sich das alles zwangsläufig, „alternativlos“, an.
Aber da gibt es ja noch den anderen Rebers, den musikalischen, der sich ans E-Piano setzt oder das Akkordeon in die Hände nimmt und mittels Rap, Polka oder Schlager augenzwinkernd-entspannt den Musik-Clown gibt, der um die monströsen Zumutungen der Zeitläufte weiß und sich darob einfach nur mal mit Noten und frech-poetischen Texten ins erstklassige Spiel bringt. Subtil-komisch, böse ätzend – ein fantastischer Abend!
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