Endlich ein Zuhause

5.12.2016, 19:52 Uhr
Endlich ein Zuhause

© Foto: Sippel

An der Tür hängen Bilder mit Kinderzeichnungen, Puppen und Brettspiele liegen in der Wohnung verteilt – und an einem langen Esstisch sitzen die Lalos und lachen. Eine ganz normale glückliche Familie? Fast. „Wir sind sehr froh, dass wir jetzt hier leben dürfen“, sagt Vater Ali Lalo (48) auf Englisch und blickt dabei vertraut zu seiner Frau Jihan (40). Erst kürzlich ist das syrische Ehepaar mit seinen vier Kindern zwischen sieben und 13 Jahren in die Wohnung in Büchenbach gezogen, Schränke, Betten und Sitzgarnituren fehlen noch. Aber das ist nur eine Frage der Zeit, der Berechtigungsschein des Jobcenters für die Möbel liegt schon vor.

2012 hat die kurdische Familie ihre zerbombte Heimatstadt Kobane verlassen. Eine riskante und anstrengende Flucht führte sie über eine Zwischenstation in Afrika bis nach Deutschland, zunächst in Container-Unterkünfte in Hemhofen und Herzogenaurach — und nun, endlich, in eine eigene Erlanger Wohnung.

„Es ist so schön hier“, erzählen Janiar (13) und seine Schwester Joudi (12), „hier können wir uns viel besser auf die Schule vorbereiten.“ Dass die zwei wissbegierig sind und lernen möchten, merkt man sofort an ihren Deutschkenntnissen. Auch ihre jüngeren Geschwister Jandoust (9) und Jana (7) haben sich in ihre neue Umgebung eingefügt.

Als hätten die vier nie etwas anderes gemacht, springen sie von ihrer Heimatsprache ins Deutsche und dann ins Englische und übersetzen das Gespräch für ihre Eltern. Vor allem bei den beiden Ältesten sind die Fortschritte riesig: Sie kommen in der Schule, dem Emmy-Noether-Gymnasium, gut voran. Aber sie möchten noch besser werden — und dafür ist Ruhe und Konzentration bei den Hausaufgaben nötig. Die finden sie jetzt in der eigenen Wohnung.

Deutliche Erfolge

Möglich gemacht haben das die rund 30 Mitglieder des ehrenamtlich organisierten Vereins Refugium. Die Erlanger Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, Flüchtlinge und einheimische Bedürftige bei der Suche nach Wohnraum (finanziell) zu unterstützen. Bei den Lalos, die als Asylberechtigte aus einer Gemeinschaftsunterkunft ausziehen durften, hätten 137 Euro fast verhindert, dass die Familie von einer Sammelunterkunft in eine eigene Wohnung ziehen konnte. Die Miete dafür übersteigt nämlich das vom Jobcenter vorgesehene Budget für eine sechsköpfige Familie um eben jene 137 Euro.

In solchen Fällen springt künftig Refugium ein. Dazu fließen die Mitgliedsbeiträge direkt in die Miete oder werden zum Kauf von Genossenschaftsanteilen verwendet.

Der erste Vorsitzende, Pfarrer Johannes Mann, freut sich über die deutlichen Erfolge. „Wir wollten, dass den Menschen möglichst schnell und unkompliziert unter die Arme gegriffen wird“, erzählt er.

Mit unbürokratischer Hilfe kennt sich der Pfarrer der evangelisch-reformierten Hugenottenkirche aus. Schließlich rief er unter anderem den Sonderfonds gegen Armut und Obdachlosigkeit sowie 2015 die Mittelmeerhilfe für Flüchtlinge auf Lampedusa ins Leben.

Beim jüngsten Projekt nun werden die Familien, die der Verein unterstützt, von Sozialamt oder Jobcenter vorgeschlagen. Gemeinsam wählen die Vereinsmitglieder die Hilfsbedürftigen aus. „Bei den Lalos waren wir uns alle einig: Wenn jemand Hilfe verdient, dann diese Familie“, erläutert Pfarrer Mann. Denn eine Voraussetzung sei, dass sich die Betroffenen integrationswillig zeigen, sagt der Vereinsvorsitzende.

Bei den Kindern steht das außer Frage. Aber auch Vater Ali, der in Syrien als Buchhalter gearbeitet hat, und Mutter Jihan, eine Friseurin, wollen nach dem Besuch von Sprachkursen ihr Geld auch selbst verdienen. „Wir möchten dann nicht mehr von Ämtern abhängig sein“, sagt der Familienvater.

Mehr Informationen erteilt Johannes Mann unter der Rufnummer:

(0 91 31) 2 21 64 oder per E-Mail: verein@refugium-erlangen.de

Refugium freut sich über jede Spende: Stadt- und Kreissparkasse Erlangen, IBAN: DE84 7635 0000 0060 0742 72, BIC: BYLADEM1ERH, Stichwort: „Wohnen“

www.refugium-erlangen.de

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