Erlangen: Herz aus Bits und Bytes
18.6.2016, 18:00 UhrAuf dem Tisch steht, so groß wie eine Hand, das Modell eines Herzens, daneben liegt ein Blatt Papier mit einem Bild-Code. Max Kemnitzer hält sein Tablet darüber. Auf dem Bildschirm erscheinen drei Herzen. „Es gibt hier ein mit einem 3D-Drucker hergestelltes Modell, das ist in der Realität wirklich da, die zwei Modelle links und rechts davon sind animiert“, erklärt der Ohm-Schüler. Bei den animierten Modellen ist beispielsweise der Blutfluss zu sehen.
Im P-Seminar Informatik haben 15 Schüler und eine Schülerin gemeinsam mit ihrem Lehrer Thomas Zapf Möglichkeiten entwickelt, wie die Realität mit Zusatzinformationen überblendet werden kann. Mit dem Projekt „Augmented Ohm“ nehmen sie an dem bundesweiten Schulwettbewerb „Ideen bewegen“ teil. Ausgerichtet wird der Wettbewerb von der Initiative „Digitale Bildung neu denken“. Samsung hat Equipment gesponsert, beispielsweise Tablet-Computer.
Ziel des Projekts ist es, für den Unterricht an der Schule neue Gestaltungsmöglichkeiten zu liefern, die beim Lernen und Verstehen des Stoffes helfen. Mit CAD-Programmen haben sie am Computer Objekte wie beispielsweise das Herz modelliert und dann mit dem schuleigenen, von der Firma Siemens gesponserten 3D-Drucker gedruckt. Aber auch fertige Modelle, wie ein Elektroniksteckbrett, verwenden sie.
App selbst entwickelt
Mit Hilfe einer selbstentwickelten App werden diese Modelle dann mit zusätzlichen Informationen versehen, die beim Scannen des Objekts mit einem Tablet oder Handy auf dem Bildschirm erscheinen. Eine reine Spielerei ist das Ganze nicht. Das, was die Schüler hier entwickeln, soll in Zukunft durchaus Eingang in den Unterricht finden — das eben erwähnte Herz beispielsweise wird im Biologieunterricht der fünften und zehnten Klassen Verwendung finden.
Eine andere sehr praktische Anwendung ihrer App schwebt den Schülern ebenfalls schon vor. Sie soll es Besuchern irgendwann erleichtern, sich in den vielen Gebäudetrakten der Schule zurechtzufinden. Denn über das tatsächliche Bild der Schulgebäude lassen sich mit der App auch die virtuellen Richtungshinweise „stülpen“.
Vorrangig aber geht es doch um den Unterricht. „Wir haben uns gefragt, welche Anwendungsszenarien Sinn machen“, sagt Thomas Zapf. Anregungen gab es von Lehrern für verschiedene Fächer. Den Vorwurf, dass alles nur digital sei, kann Zapf, der im Bereich Medienpädagogik und Informationstechnologie auch Berater für die Gymnasien in Mittelfranken ist, jedenfalls gleich mal entkräften. „Bei uns gehen das Haptische und das Digitale eine Verbindung ein“, sagt er. „Was wir hier entwickeln, schlägt eine Brücke zwischen realer und virtueller Welt“.
Davon profitieren soll die ganze Schule. Ab kommendem Schuljahr hat die Schule einen Klassensatz Tablets zur Verfügung, der für den Unterricht ausgeliehen werden kann. Dabei handelt es sich um die Geräte, die den Schülern der im letzten Herbst neu eingerichteten Tablet-Klasse von der Stadt übergangsweise zur Verfügung gestellt wurden und die sie nun in den Schulfundus geben.
Profitieren werden aber insbesondere auch die Tablet-Klassen. Davon wird es im nächsten Schuljahr zwei geben, da das Tablet-Projekt ausgeweitet wird. Die Vorreiterklasse, die dieses Jahr den Anfang machte, schafft sich eigene Geräte an, eine Jahrgangsstufe darunter wird die nächste Tablet-Klasse eingerichtet, so dass dann eine achte und eine neunte Klasse beteiligt sind. Ziel ist es, von der achten bis zur zehnten Jahrgangsstufe Tablet-Klassen anzubieten. Die Lehrer wurden in schulinternen Fortbildungen auf die neuen Möglichkeiten vorbereitet, die sich durch Tablets und Aktivboards (anstelle von Tafeln) ergeben.
„Hefteinträge“ ins Tablet
Die herkömmlichen Schulbücher werden in der Tablet-Klasse weiterhin verwendet, aber Hefte gibt es fast nicht mehr. Ihre Hefteinträge machen die Schüler direkt ins Tablet. Verwendet wird ein Windowsbetriebssystem. Mit einem Spezialstift schreiben sie auf dem Display. Dieses ist hochauflösend und zugleich drucksensitiv, so dass man beim Zeichnen auch dicke und dünne Striche machen kann. Abgespeichert wird alles nach Fächern.
„Das ist super geordnet, viel besser als in jeder Schultasche“, findet Pedro. Und dass er auch „Bilder und Videos mit reinnehmen kann“, schätzt der Achtklässler ebenfalls. Die Medienkompetenz der Schüler steige massiv, sagt Lehrer Thomas Zapf. Das betrifft im Übrigen auch die Fähigkeiten, vernetzt zu arbeiten. Das Internet als Informationsquelle beispielsweise für Referate zu verwenden, gehört selbstverständlich dazu. Und auch zu wissen, dass man kritisch hinterfragen muss, was im Internet an Informationen angeboten wird.
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