Erlangen: Knochenfunde stoppen neues Gemeindezentrum
30.11.2016, 10:00 UhrAm vergangenen Freitagnachmittag ist es kalt und windig. Eine Gruppe Brucker Einwohner hat sich an diesem frischen Wintertag auf dem ehemaligen Friedhof der St. Peter und Paul Kirche versammelt, um sich von den Verantwortlichen über die neuerlichen Geschehnisse auf ihrem Kirchengelände aufklären zu lassen. Die Grabungsstätte ist abgedeckt. Was sich darunter verbirgt? Eine geführte Tour soll aufklären.
„Eigentlich hätte sich hier nichts mehr finden lassen dürfen.“, erzählt Pfarrer Heinz Bäßler. Zwischen 1822 und 1824 sei der Friedhof verlegt worden. Doch kaum werden die Bauarbeiten des neuen Gemeindezentrums auf dem Friedhofsgelände eingeleitet, finden sich die ersten menschlichen Überreste. Die Bauarbeiten werden gestoppt, und der Archäologie-Service Franken zur Hilfe geholt. Von nun an arbeitet das Team der archäologischen Firma an der Ausgrabung, Analyse und angemessenen Verwahrung der unerwarteten Funde.
Skelett-Tour
„Besonders die älteren Mitbewohner waren besorgt darüber, was hier vor sich geht und ob wir respektvoll und angemessen mit den Toten umgehen.“, erzählt die örtliche Grabungsleitung Sarah Wolff. „Mit dieser Führung möchten wir Einblick in unsere Arbeit geben.“ Wie alt die gefundenen Skelette sind lasse sich noch nicht genau bestimmen, erzählt die 31-Jährige. 1824 habe es die letzte, eingetragene Bestattung auf dem Brucker Friedhof gegeben.
Neben Knochen, mit gut erhaltenen Kiefern und Zähnen, fanden sich Keramiken, etliche Bestattungsgefäße mit dazugehörigen Eisennägeln und Grabbeigaben. „Das verrät uns viel über die Bevölkerung von damals.“ erzählt die wissenschaftliche Grableitung Leif Steguweit. „Zum Beispiel, dass die Menschen in vielen Fällen schon damals an vielen Gebrechen litten wie wir heute.“
Funde und Finanzen
Der Archäologie Service Franken ist seit dem 20. Oktober am Werk und wird vermutlich noch bis zu zwei Wochen damit beschäftigt sein, die sterblichen Überreste und Funde zu bergen. Bisher fanden sich insgesamt acht Erwachsenen- und sieben Kinderskelette. Auch etliche sogenannte Streuknochen wurden an die Oberfläche befördert.
Die Grabungen dauern jedoch noch an. Es ist nicht auszuschließen, dass sich noch weitere Skelette bergen lassen werden. Die Kosten der Ausgrabungen hat die Kirchengemeinde selbst zu tragen. Durch die Funde entstehe nun eine finanzielle Belastung, mit der die Gemeinde nicht gerechnet habe, erzählt Leif Steguweit.
Die Brucker wissen nun jedoch, was hinter den Plastikplanen auf ihrem alten Friedhof vor sich geht.
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