Erlangen: Wummern bis die Fliesen klappern

4.10.2018, 06:00 Uhr
Erlangen: Wummern bis die Fliesen klappern

© Privat

Vier Jahre lang lebten sie höchst zufrieden in ihrer selbst zum Wohnhaus umgebauten Scheune im Alterlanger Erlenfeld – vier Jahre, und dann kamen die Bagger. Bestellt hatte diese der Eigenbetrieb Entwässerung (EBE) der Stadt Erlangen, der im Spätsommer 2017 in der Straße eine Kanalsanierung und -erneuerung vornehmen ließ. Die Arbeiten gerieten so gründlich, dass die Wände wackelten – bei der Familie H., die bisher an ein ruhiges Heim glaubte. "Als wir abends von der Arbeit heimkamen", erzählt Birgitt H., "hingen die Bilder schief an der Wand, in den Regalen waren die Bücher umgefallen."

Die Baufirma, die keine fünf Meter vom Wohnzimmer entfernt ihre Schalung in den Boden trieb, tat dies so gründlich, dass den Anwohnern Hören und Sehen verging. "Die rückten mit schwerem Gerät an", erinnert sich Ehemann Richard, "selbst schwerste Kettenfahrzeuge kamen zum Einsatz." Die schiefen Bilder und umgefallenen Bücher waren aber das Wenigste, was Richard H. und seine Frau erschütterte, viel schlimmer fanden sie die Veränderungen an ihren Böden.

Im Bad klappern die Fliesen, in den Ruheräumen stellt sich der Teppichboden auf. Denn das Scheunen-Haus, das nach ambitionierten Energieeffizienz-Kriterien gebaut wurde, als Vorzeigeobjekt gilt (und über das auch schon in den EN berichtet wurde), zeigte sich angesichts der durch die Bauarbeiten ausgelösten Erschütterungen als nicht erdbebensicher.

Zwar hatte der Bauherr, der städtische Entwässerungsbetrieb, vorsichtshalber Messsonden anbringen lassen, um mögliche Bauschäden zu dokumentieren – eine Absicherung vor allem für den Bauherrn –, doch als diese eingetreten waren, begann der eigentliche Ärger. Denn, so der Tenor der Reaktionen auf die angemeldeten Ansprüche der Familie H., die Schäden könnten ja auch andere Ursachen haben.

Streit um den Schaden

Statt einer schnellen Schadensregulierung begann nun ein reger Schriftverkehr, den Birgitt H. auch deswegen als ausgesprochen ärgerlich empfindet, "weil sich nie jemand persönlich hat blicken lassen." Als die Familie H. – nach Abschluss der Kanalarbeiten – aber eine Fertiggarage angeliefert bekam, wollte man ihr erst eine vorübergehende Straßensperrung für die nötigen Tieflader nicht erteilen, als dies (nach Intervention der Stadtspitze) dann doch geschah, wurden sehr schnell vermeintliche Schäden am Gehsteig festgestellt – "als uns das Protokoll samt Beweisfotos zugesandt wurde, waren diese Schäden längst repariert", erinnert sich Richard H.

Seitens der Verantwortlichen beim Entwässerungsbetrieb wollte sich niemand mit den Bauschäden beschäftigen. Das stattdessen tätige Rechtsamt der Stadt teilte nur noch mit, dass die Schadensregulierung an die Bayerische Versicherungskammer weitergeleitet worden sei – die solle sich nun um die leidige Sache kümmern.

Die aber wollte erst einmal gar nicht zuständig sein und ließ dies auch die Geschädigten wissen. Nachdem die Stadt erneut intervenierte, ging der Streit um die Schadenshöhe mit der Versicherung weiter – "da bleibt aber eine ziemliche Lücke", wie Richard H. klagt.

Nachdem eine Einigung nicht in Sicht ist, hat sich das Ehepaar einen Rechtsanwalt genommen. Dessen Klageschrift ist bereits fertig, wann es zum Prozess kommt, ist allerdings offen. Und: die Beklagte ist die Stadt Erlangen. Das könnte interessant werden.

5 Kommentare