Gibt es bald keine fränkischen Störche mehr?
6.8.2018, 13:00 UhrBis 1990, sagt Michael Zimmermann, habe es in Bayern nur noch 60 Storchenpaare gegeben. Inzwischen seien es wieder rund 500. Einen kleinen Anteil an dieser wundersamen Vermehrung hat auch der Erlanger Storchenvater, der vor allem mit dafür sorgte, dass mehr junge Störche, die jeweils aus den fünf bis sechs Eiern ausgeschlüpft sind, überleben. Viele seien durch Unterkühlung während der Schafkälte gestorben, so dass im Durchschnitt nur einer bis 1,5 der Jungstörche pro Nest durchgekommen sei, sagt er. Dadurch ist die Population zurückgegangen.
Zimmermann hat viele Horste trocken gelegt, so dass drei bis sechs Jungtiere groß geworden sind. Das aber habe man ihm verboten, weil es laut Behörden eine "vermeidbare Horststörung" sei, erzählt er. So konnte er nicht dafür sorgen, dass sich die geschützten Störche in Bayern und Franken weiter vermehren.
Doch habe er Handzettel auch in Baden-Württemberg verteilt und die Storchenbetreuer dort darüber informiert, wie er es geschafft hat, dass wieder mehr als nur einer oder zwei Jungstörche in ihren Horsten überleben. Dieses Wissen hätten die Storchenfreunde in Baden-Württemberg angewandt, und sofort sei die Population dort explodiert. In einem Storchenbuch, von dem Zimmermann sonst nicht viel hält, ist nachzulesen, dass zwischen 1984 und 1994 die Anzahl der Störche in Baden-Württemberg um fast das Sechsfache zugenommen hat. Von dort aus haben sie sich wegen des Populationsdrucks in die benachbarten Bundesländer ausgebreitet. Darum ist auch in Bayern die Anzahl zwischen 2004 und 2014 in einigen Regionen sogar um das 14-fache angestiegen.
Die vielen Störche, die sich kürzlich alle im Regnitzgrund versammelt hatten – es sind an die 150 gewesen – hätten alle ihren Ursprung im benachbarten Bundesland, sagt Zimmermann. Selbst der "Steiner" auf dem Kamin vom Steinbach Bräu, und auch der in Eltersdorf sei in Baden-Württemberg beringt worden. "Es bedrückt mich etwas, dass der fränkische Storch weg ist", sagt der Storchenvater mit etwas Wehmut. Im Aussehen unterscheiden sich die aus dem Nachbar-Bundesland nicht von den fränkischen, im Verhalten, so weiß der Experte, aber schon. Die aus Baden-Württemberg seien nämlich alles "Weststörche", die fränkischen dagegen sind "Oststörche".
Weststörche fliegen am Ende des Sommers über Spanien und Gibraltar nach Afrika, um in der westafrikanischen Sahelzone zwischen Senegal und Tschad den Winter zu verbringen. Oststörche hingegen fliegen über den Bosporus bis in den Sudan und dann weiter nach Tansania und sogar nach Südafrika.
Die "Reisegesellschaft", die sich die Mägen im gewässerten Regnitzgrund mit Heuschrecken und Mäusen vollgeschlagen hätten, seien überwiegend Jungstörche gewesen, meint Zimmermann. Das erkenne man daran, dass ihre Schnäbel noch nicht komplett rot sind. Sie würden etwa zwei Wochen vor den Alten von hier weg fliegen. "Die Alten wollen noch die Eltersdorfer Kirchweih mitnehmen", sagt er scherzhaft.
Ob allerdings der positive Trend bei der Population so anhält, vermag Zimmermann nicht zu sagen. Er befürchtet nur, dass es bald keine fränkischen "Oststörche" mehr gibt.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen