Mehr Achtung und Wertschätzung für Flüchtlinge

16.3.2012, 16:22 Uhr
Mehr Achtung und Wertschätzung für Flüchtlinge

© Bernd Böhner

Al-Khatib kennt genau das Gegenteil, er hat als Bürgerkriegsflüchtling acht Jahre in einer Asylunterkunft gelebt. Heute ist er Leiter der Abteilung „Soziale Angelegenheiten“ im Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen und selbst zuständig für Flüchtlinge.

Von einem Willkommen sei bei ihm nicht viel zu spüren gewesen, sagt er, man habe den Flüchtlingen eher bedeutet: Sie seien eine Belastung. „Wenn es nicht auch etliche freundliche Menschen in Neuburg gegeben hätte: Ich weiß nicht, wie mein Werdegang gewesen wäre“, meint Al-Khatib.

Der Jurist, der nicht nur Abteilungsleiter im Landratsamt, sondern auch Mitglied des Bayerischen Integrationsrates ist, erzählt dies im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus während einer Diskussion über die Situation von Flüchtlingen in Deutschland. Zusammen mit Alexander Thal, dem Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates, Bürgermeisterin Elisabeth Preuß (FDP) und José Luis Ortega, dem Vorsitzenden des Ausländer- und Integrationsbeirates (AIB), sitzt er auf dem Podium in der Volkshochschule.

Dass im Zusammenhang mit Menschen von „Belastung“ gesprochen wird, hält Al-Khatib für „unmenschlich“. Aber der Mann, der in seinem eigenen Amt in Neuburg-Schrobenhausen schon viel verändert hat, sagt auch, dass der Staat die ersten wichtigen Schritte getan habe, dass wir in einer „guten Gesellschaft“ leben.

Alexander Thal kann dies nicht wirklich nachvollziehen — vor allem, wenn er an die Situation von Flüchtlingen in Erlangen denkt. Als er die ersten Male mit Flüchtlingen hier gesprochen habe, hätten die Flüchtlinge kaum mit ihm geredet: aus Angst vor der hiesigen Ausländerbehörde, aus Furcht vor Nachteilen und Schikanen. Das habe ihn hellhörig gemacht und nach vielen Recherchen und Gesprächen schließlich dazu geführt, dass er mit drei Flüchtlingen und Vertretern vieler Flüchtlingsorganisationen in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit gegangen ist.

Veränderung von oben

Andere Teilnehmer der Podiumsdiskussion bestätigen die Beobachtung Thals. Pierette Herzberger-Fofana (Stadträtin Grüne Liste) zum Beispiel berichtet von ähnlichen Erfahrungen: Viele Flüchtlinge hätten Angst vor der Ausländerbehörde, sagt sie.

Bürgermeisterin Elisabeth Preuß widerspricht dem einerseits („das Integrationsleitbild wird in der Stadt gelebt“), aber sie sagt auch, dass durch die Affäre jetzt die Chance bestehe, vieles zu verändern, zum Beispiel durch die neu etablierte Arbeitsgemeinschaft von Politik, Flüchtlingsvertretern und Stadtverwaltung. Dadurch könne man erreichen, dass Ermessensspielräume, die es durchaus gebe, besser genutzt werden.

Eine substantielle Änderung hält José Luis Ortega aber nur dann für möglich, wenn der „Druck auf die Stadt“ aufrechterhalten werde. Der Vorsitzende des AIB antwortet damit auf eine Frage nach der Notwendigkeit „struktureller Veränderungen“ der Moderatorin Petra Bendel, die gekonnt die Diskussion geleitet hatte. Wichtig sei, so betont José Luis Ortega weiter, dass eine Veränderung von oben, also von der Stadtspitze komme: Dann setze sich auch ein neuer Geist in der Ausländerbehörde durch.

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