Tipps vom Profi bei der Segelgemeinschaft Erlangen
26.4.2017, 11:30 UhrPeitschender Regen, meterhohe Wellen und tückische Windböen. Das kleine Boot, auf dem ich schutzsuchend unter einem Schirm sitze, wie auch die Segelboote die uns umkreisen, werden wie kleine Spielzeuge auf dem Wasser hin und her gewogen. Der Wind spannt die Segel. Durchnässt vom eindringenden Wasser, den Kräften der Natur hilflos ausgeliefert, bewegen wir uns immer weiter weg vom rettenden Ufer. Der Heilige Nikolaus, St. Erasmus und alle weiteren Schutzpatronen der Seefahrer sollen uns nun beistehen.
Na gut, ganz so schlimm und ausweglos ist meine Situation dann doch nicht. Die Wellen sind in Wirklichkeit kleine Strömungen, der tosende Wind wohl eher eine starke Brise, die mich immerhin zwingt meinen Griff am Regenschirm zu verstärken und das eindringende Wasser, könnten auch die wenigen Tropfen sein, die vom leichten Regen auf meiner Kleidung landen.
Das sich immer weiter entfernende Ufer gehört zum Dechsendorfer Weiher, an dem sich auch die Segelgemeinschaft Erlangen, kurz SGE, befindet. Segelbegeisterte Freizeitsportler aus dem Erlanger und Nürnberger Umland bezeichnen den ehemaligen Karpfenweiher seit den 70er-Jahren als ihr Segelrevier und trotzen auch schon mal wasserarmen Zeiten.
Die auf Grund der weniger bedrohlichen Umgebung, bestimmt nicht minder mutigen Segler, welche mich in ihren Booten begleiten sind Mitglieder einer von drei Kindergruppen der SGE. Momentan trainieren Kinder von sieben bis 14 Jahren regelmäßig unter Aufsicht von erfahrenden Trainern auf dem heimischen Gewässer.
Diese Einheit ist jedoch alles andere als gewöhnlich und gehört zu einem besonderen Trainingswochenende. Daniel Hamann, der bald 20-jährige Profisegler, den es ebenso in frühen Jahren aufs Wasser zog, trainiert drei Tage lang die Jugendabteilung der SGE. Hamann stammt aus einer segelbegeisterten Familie, somit war es nur eine Frage der Zeit, bis er auch selbst einmal ans Ruder wollte: "Ich bin durch meinen Papa zum Segeln gekommen, der selbst Segler ist. Mein Bruder hat einige Segelkurse gemacht und angefangen, einige Regatten zu segeln. Das wollte ich natürlich auch und so habe ich begonnen."
Da war Hamann gerade einmal sechs Jahre alt. Der Kontakt zum mehrfachen WM- und EM-Teilnehmer entstand durch Michael Lüdke, der zusammen mit Hamann gerade seinen Trainerschein macht. "Ich werde voraussichtlich eine längere Zeit für die SGE Training geben, aber sesshaft wird man als Trainer selten und ich werde es auch nicht", sagt Hamann.
Hier spricht bestimmt das Fernweh aus dem Profi, der durch das Segeln viele verschiedene Orte auf der ganzen Welt bereisen durfte. "Es war eine super Erfahrung in andere Länder zu reisen, neue Menschen kennen zu lernen und deren Kulturen." Hamann nahm 2011 in Neuseeland, 2012 in der Dominikanischen Republik, 2014 in Deutschland und im vergangenem Jahr in Italien an Weltmeisterschaften teil. Ebenso durfte er 2016 bei der Europameisterschaft in Bulgarien starten. Seine Erfolge können sich sehen lassen: "Meine Platzierungen waren meistens im vordersten Drittel, außer in 2012 in der Karibik, dort wurde ich 21. von mehr als 200 Booten."
Somit ist das Blocktraining mit Hamann für die Nachwuchssegler am Dechsendorfer Weiher ein Glücksgriff, von dem sie sicher längere Zeit profitieren werden. "Es macht viel Spaß und er hat viel Erfahrung. Es ist anders wie mit anderen Trainern", erzählen die Teilnehmer. Das Training beinhaltet vormittags bis zu drei Stunden Training auf dem Wasser. Danach gibt es ein deftiges Mittagessen zur Stärkung. Anschließend folgt eine Vor- und Nachbesprechung von einzelnen Trainingseinheiten, die auch gefilmt und über einen Beamer im Vereinsheim abgespielt werden.
So können die Jungsegler selbst ihre Fehler und Fortschritte erkennen und zusammen in der Gruppe diskutieren. "Man achtet darauf, dass die Kinder Spaß haben, selber denken lernen und eigenständig werden. Was wichtig ist, dass man die Kinder motiviert." Hamann freut es ganz besonders, wenn er sieht, dass die Gruppe Tipps annimmt und sich verbessert: "Meiner Meinung nach hat es den Kindern einen deutlichen Sprung vorwärts gebracht in allen Bereichen, die man für das Segeln braucht."
Man braucht Zeit und Geld
Wer wie Hamann die Welt besegeln will und sich dabei einen Namen machen möchte, braucht eine hohe Frustrationstoleranz: "Am Anfang wirst du einfach nicht gewinnen" sagt Hamann. "Man investiert sehr viel Zeit und Geld in diesen Sport." Dafür brauche man "große Unterstützung der eigenen Familie. Viele Wochenenden und auch Schultage gingen für Regatten oder Trainings drauf." Aber es lohnt sich: "Man ist auf dem Wasser frei von Stress, genießt den Wind und die Sonne und entspannt einfach."
Momentan steht für den Profi allerdings etwas anderes an: "Jetzt steht das Studium im Vordergrund und das Segeln hinten dran." Hamann studiert zurzeit im zweiten Semester Wirtschaftswissenschaften. Was danach kommt, ob er sich um die nächste Teilnahme an einer Meisterschaft bemüht, weiß er noch nicht.
"Soweit habe ich nicht geplant. Wie es nach dem Studium weitergeht, weiß ich noch nicht, erst einmal der Master." Ein klares Nein zu einer weiteren Teilnahme und ein Ende der Profikarriere klingt anders. Vielleicht wird man in Zukunft noch einiges von Daniel Hamann hören. Und wie ein chinesisches Sprichwort sagt: "Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung."
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