Wörter-Welten auf Erlanger Bildschirmen

6.2.2015, 18:44 Uhr
Wörter-Welten auf Erlanger Bildschirmen

© Foto: privat

Eine ältere Dame kommt in Marlene Neumanns Sprechstunde. Die Seniorin ist ratlos. Sie hat ein Tablet geschenkt bekommen und alles, was sie möchte, ist, ein E-Book darauf zu lesen. Doch wie soll das funktionieren? Marlene Neumann, diplomierte Bibliothekarin im Dienste der Erlanger Stadtbibliothek, kann helfen. Nach 20 Minuten ist die nötige Software installiert und die ältere Dame hoch zufrieden. Nun kann sie die Franken-Onleihe nutzen.

Auf der gleichnamigen Website können zahlreiche E-Books, Zeitungen und Zeitschriften, Hörbücher, Kinder- und Sachfilme digital ausgeliehen werden. Für Nutzer mobiler Geräte wird eine App angeboten. Franken-Onleihe umfasst eine Auswahl von über 25 000 elektronischen Medien. Derzeit gebe es allein in Erlangen 3000 Leser, so Marlene Neumann. Allein im Januar seien 7112 Bücher verliehen worden. Um über Franken-Onleihe digitale Medien ausleihen zu können, bedarf es lediglich eines Internetzugangs und des regulären Bibliotheksausweises. Im Online-Katalog lässt sich der gewünschte Titel heraussuchen und kostenlos auf Computer, Tablet oder E-Book-Reader herunterladen. Die Gefahr, das Ende der Leihfrist zu verschlafen, besteht dabei nicht, denn nach deren Ablauf können die Medien automatisch nicht mehr geöffnet werden.

Gute Nutzung

„Die Nutzung ist sehr gut und ständig steigend“, erklärt Marlene Neumann. Aber wer sind die Nutzer? Studenten mit iPads? Zwar habe es noch keine Nutzerbefragung gegeben, jedoch bestehe das Publikum der von der Stadtbibliothek angebotenen Onleihe-Schulungen vorwiegend aus Personen mittleren und fortgeschrittenen Alters, berichtet Marlene Neumann. Besonders ältere Menschen würden E-Books bevorzugen, da sie die Möglichkeit böten, die Schriftgröße zu verstellen.

Problematische Gesetzeslage

Jedoch weigern sich große Verlagsgruppen, wie Diogenes, Holtzbrinck und Bonnier, ihre Bücher als E-Books für die Online-Ausleihe zur Verfügung zu stellen. Nach geltendem Recht haben Bibliotheken keinen Anspruch auf Erwerb und Verleih elektronischer Medien, heißt es auf der Internetseite des Deutschen Bibliotheken Verbands (DBV). Daher können Bibliotheken für E-Books lediglich Lizenzierungen, aber keine Eigentumsrechte erwerben. In Folge der Gesetzeslage bestimmen die Verlage die Bedingungen der Lizenzierung oder verweigern diese von vornherein. So ist beispielsweise nur etwa die Hälfte der Bücher auf der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste für Bibliotheken lizenzierbar.

Im Zuge dieser Problematik initiierten der DBV, das Kompetenznetzwerk für Bibliotheken und das European Bureau of Library, Information and Documentation Associations die Petition „Für das Recht auf elektronisches Lesen“. Gefordert wird „eine rechtliche Gleichstellung von Büchern und E-Books“, erläutert Marlene Neumann. „Dadurch können Bibliotheken E-Books zum Preis gebundener Bücher erwerben“, so Neumann weiter. Der uneingeschränkte Verleih von E-Books wäre damit möglich. Auch eine angemessene Vergütung für die Autoren verlangen die Initiatoren von „Für das Recht auf elektronisches Lesen“.

Sollten die Forderungen der Petition in der Politik Gehör finden, dürfte Franken-Onleihe eine weiterhin wachsende Nutzergemeinschaft gesichert sein.

Inzwischen nehmen 21 fränkische Bibliotheken an dem Angebot teil. Als die Website 2012 online ging, waren nur 16 Bibliotheken, darunter die Erlanger Stadtbibliothek, an der Kooperation beteiligt. Eine weitere Vergrößerung sei momentan jedoch nicht wahrscheinlich, da der hohe Organisationsbedarf nur noch schwer zu bewerkstelligen wäre, erklärt Neumann. Der Medienwandel und die zunehmende Nutzung von Medien in digitalisierter Form bewegten die Bibliotheken zur Gründung von Franken-Onleihe. Bestätigt wurden die zugrunde liegenden strategischen Überlegungen durch Nachfragen von Lesern, das Angebot der Bibliotheken in den digitalen Bereich auszuweiten. Marlene Neumann erklärt: „Digitale Medien zu verleihen ist Bestandteil unseres Bildungsauftrags.“

 

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