Flüchtlings-Unterkünfte in Franken händeringend gesucht
29.8.2014, 17:08 UhrAngesichts der überquellenden Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber in Bayern schließt die Regierung von Mittelfranken auch Beschlagnahmungen von Gebäuden nicht mehr aus. "Wir suchen weiter nach geeigneten Hallen und sind mit den Besitzern im Gespräch", sagte Regierungssprecher Michael Münchow am Freitag.
Wenn die Zahl der Neuzugänge von Flüchtlingen jedoch weiter so hoch bleibe und nicht rasch neue Unterkünfte gefunden werden können, könnten auch Hallen beschlagnahmt werden. "Darüber wird derzeit nachgedacht", sagte Münchow.
In Zirndorf ist auch "der letzte Gang und Treppenabsatz" besetzt
In der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf waren am Freitag etwa 1800 Menschen untergebracht. Ausgelegt ist sie für nur 650. Es sei in Zirndorf "nochmals nachverdichtet worden", nachdem die Einrichtung eigentlich längst überbelegt ist. Will heißen: Es wurde auch "der letzte Gang und Treppenabsatz mit Matratzen ausgestattet". Auch in Nürnberg ist Platz für Asylbewerber geschaffen worden.
Die Einrichtung in München ist seit einer Woche wegen Masern geschlossen. Daher werden seitdem alle in Bayern ankommenden Asylbewerber nach Mittelfranken geschickt. Trotz eines am Mittwoch vom Bundesamt für Migration verhängten Aufnahmestopps kommen weiter extrem viele Flüchtlinge nach Zirndorf, denn die Einrichtung ist verpflichtet, Menschen aus insgesamt 40 festgelegten Ländern weiter aufzunehmen. Nur Flüchtlinge, für die Bayern nicht originär zuständig ist, werden sofort weitergeschickt.
Grüne wollen Gipfeltreffen zur Flüchtlingssituation
Eine Lösung muss her, fordern zumindest die Grünen. Sie wollen, dass Ministerpräsident Horst Seehofer die Flüchtlingspolitik zur Chefsache erklärt. "Wir fordern Horst Seehofer auf, sofort ein Gipfeltreffen zur Flüchtlingssituation in Bayern einzuberufen und die Spitzen der Regierungsbezirke und Vertreter der Kommunen sowie alle Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe engagiert sind, an einen Tisch zu hole", sagte die Fraktionsvorsitzende Margarete Bause.
Um die Not der Flüchtlinge in den völlig überfüllten Unterkünften zu lindern, müssten sofort Ressourcen des Landes genutzt werden - etwa staatliche Immobilien. Auch Gebäude des Bundes sollten einbezogen werden. "Nicht nur die Verhältnisse in Zirndorf sind unwürdig und eine Schande für das reiche Bayern. Empörend ist vor allem auch die Tatsache, dass Ministerpräsident Seehofer das drängendste politische Problem im Freistaat glatt ignoriert", sagte Bause.
Fast täglich äußere er "Belanglosigkeiten" zur Pkw-Maut "während die Erstaufnahmen überquellen, Matratzenlager an den unmöglichsten Orten entstehen und die hygienische und medizinische Grundversorgung nicht gewährleistet ist."
Kritik vom Fürther Landrat
Der Fürther Landrat Matthias Dießl (CSU) hat die Flüchtlingspolitik der Staatsregierung heftig kritisiert. Die Situation in der völlig überfüllten Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Zirndorf im Kreis Fürth sei „ein unhaltbarer Zustand“, teilte Dießl am Freitag mit.
Für das Wochenende würden in Zirndorf weitere 600 Menschen erwartet. „Die Flüchtlingspolitik der Staatsregierung ist für mich nicht mehr nachvollziehbar“, sagte Dießl. „Mittelfranken und wir vor Ort werden mit dieser Notsituation vom Freistaat Bayern derzeit alleingelassen.“
Er forderte von der Staatsregierung „umgehend konkrete Maßnahmen, um dieser angespannten Situation entgegen zu wirken. (...) Planungskonzepte für 2015 helfen im Augenblick nicht weiter. Der Freistaat muss sofort handeln.“ Im nächsten Jahr will das Land weitere Erstaufnahmeeinrichtungen in anderen Regierungsbezirken eröffnen – neben den bestehenden in München und Zirndorf.
„In einem Land wie Bayern muss es möglich sein, Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu geben. Ich erwarte konkrete Sofortmaßnahmen, wie zum Beispiel die Nutzung leerstehender Kasernen zur vorübergehenden Unterbringung“, sagte Dießl.
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