Alt-Landrat Otto Ammon mit 85 Jahren verstorben
29.11.2013, 08:00 UhrDie CSU verliert mit Otto Ammon einen Politiker von Format. Über drei Jahrzehnte prägte er die Partei und die Entwicklung des Landkreises. Gelegentlich fragt man sich, ist es gut für die politische Kultur, wenn Mandatsträger so lange an ihrem Amt festhalten? Aber auch nach 32 Jahren an der Spitze des Landkreises war in der Bevölkerung von Überdruss nichts zu spüren. Selbst als die Kräfte nachließen, hielt Otto Ammon bis zum letzten Tag die Stellung im Landratsamt, dem Refugium, von dem aus er die Geschicke des Landkreises lenkte und leitete. Er war die herrschende und treibende Kraft für den wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Fortschritt eines strukturschwachen Landkreises.
Seine Bewunderer verliehen ihm dafür schon mal gerne in launiger Absicht den Titel „König Otto“. Eine Titulierung, die jedoch weit über die Landkreisgrenzen hinaus mit einer gewissen Hochachtung wahrgenommen wurde. Dem damaligen Innenminister Günther Beckstein, der auf seinen scheidenden Parteifreund die Abschiedsrede hielt, kam der „kleine König“ ebenso flott über die Lippen wie dem Vize-Landrat Gregor Schmitt bei gleicher Gelegenheit.
Ammon hatte das politische Geschäft von der Pike auf gelernt. Erst als Gemeindeschreiber und später als jüngster Bürgermeister seiner damals noch selbstständigen Heimatgemeinde Reuth. Durch seine zupackende Art, die Not der Bevölkerung nach den Wirren des Krieges zu lindern, machte er bereits in jungen Jahren auf sein Talent als engagierter Kommunalpolitiker aufmerksam.
Zehn Jahre nach seiner Wahl (1954) zum Ortsoberhaupt zog er für die CSU ins Landratsamt ein. Und blieb dort, immer wieder ausgestattet mit einem robusten Mandat, bis 1996. In dieser Zeit hatte er sämtliche Posten inne, die ihm die Partei zu bieten hatte. Bis hinauf zum Chef der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) und damit mit Sitz im Parteivorstand der CSU. Immer wieder wurde er für höhere Weihen in München gehandelt. Aber das waren eher Mutmaßungen, er selber hat sich an solchen Spekulationen nie beteiligt. Er „liebte diesen Landkreis“ (Gregor Schmitt).
Bayerischer Reformeifer
Die Zeit seiner Regentschaft war geprägt vom Reformeifer der bayerischen Landespolitik. Die Kreise, die Gemeinden und auch die Schulen sollten so strukturiert werden, dass sie den modernen Herausforderungen verwaltungstechnisch und bildungspolitisch gewachsen waren. Bei der Gebietsreform ging es besonders hoch her. Hier waren es einmal nicht die politischen Gegner, die Ammon in die Beine grätschten. Die CSU war durch die Radikalität der Umsetzung phasenweise tief gespalten. Aber hier zeigte sich Ammons politisches Stehvermögen. Er war ein Machtmensch. Aber auch ein Optimist. Hatte er ein Ziel vor Augen, ließ er nicht locker.
Ging die Kreisreform noch relativ glimpflich über die Bühne, die für ihn Gebietszuwachs bedeutete, waren die Rückkreisung der Stadt Forchheim und die Neugliederung der Gemeinden heiße Eisen. Otto Ammon wurde zum beliebten „Watschenmann“. Trotz aller Anfeindungen bewahrte er stets die Ruhe. „Morgen“, sagte er dann mit einem Anflug von Sarkasmus, „wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben.“
Wenn heute auf dem Spickzettel eines jeden Politikers viel von Bildungspolitik geschrieben steht, Chancengleichheit für alle Kinder sowieso, dann könnte sich Ammon im Nachhinein als Pionier und Wegbereiter auf diesem Felde feiern lassen. Mit den Kindern und Jugendlichen hat er es immer gut gemeint, sagen seine Parteifreunde. Zu gut? Die kooperative Gesamtschule in Gräfenberg, ein damals von der CSU favorisiertes Schulmodell, war ein Flop.
Krankenhaus wiederbelebt
Risikofreudig war seine Politik immer dann, wenn andere schon die Waffen gestreckt hatten. Das Krankenhaus in Ebermannstadt, ein Erbe des aufgelösten Landkreises, stand auf der Kippe. Eigentlich strebte Ammon eine einvernehmliche Lösung zur stationären Versorgung der Landkreisbevölkerung zusammen mit der Stadt Forchheim an. Doch die Gespräche mit den Stadtgewaltigen führten zu keiner befriedigenden Lösung. Irgendwann erlahmte bei ihm der Wille zur Kooperation und er entschied sich für die Revitalisierung des Krankenhauses in Ebermannstadt.
Ammon hatte dieses Politiker-Gen. Die Lust am Kämpfen. Er konnte begeistern – sich und andere. Die Klinik Fränkische Schweiz, wie sie dann getauft wurde, entwickelte sich unter seiner Ägide zu einem medizinischen Vorzeigebetrieb. Noch elf Jahre nach seinem Abschied vom Landratsamt war er Vorsitzender der Fördergesellschaft der Klinik, für die er fleißig Spenden sammelte.
Zu Ammons Politikverständnis gehörte nicht zuallererst die Frage, was nicht geht. Im Gegenteil. Über bürokratische Hürden setzte er sich gerne hinweg, wenn sie seinen Plänen hinderlich waren. Die Verwaltung mit über 600 Beschäftigten hatte Ammon auf Effektivität gedrillt. Wer nicht spurte, musste schon mal ein Donnerwetter über sich ergehen lassen. Machtbewusst und zielgerichtet hatte er sich einen politischen und verwaltungstechnischen Apparat geschaffen, mit dem er den Landkreis in eine neue Zeit führte.
Trotz seiner unangefochtenen Stellung in Partei und Kreisgremien schützte er sich selbst vor möglicher Überheblichkeit: „Wir sind Gewählte, nicht Erwählte“, ließ er Gesprächspartner immer wieder wissen. Otto Ammon hat sich durch seine „Tatkraft und Geradlinigkeit ein Denkmal gesetzt“, zieht sein Bruder Hermann als Autor der CSU-Geschichte im Kreis ein Resümee. Für den Parteinachwuchs war es angesichts dieser schieren Größe schwer, Profil zu entwickeln. Nach ihm gab es bis heute keinen Landrat mehr, der das Parteibuch der CSU in seiner Tasche hatte.
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