Das 10. Open Mind Festival könnte das letzte sein
5.9.2016, 10:17 UhrAuf einmal waren sie wieder weg. Keine nächtlichen Fackelmärsche mehr, keine Gedenkveranstaltungen, keine Männer mehr, die mit Fahnen und Transparenten durch das beschauliche Gräfenberg marschierten.
Jahrelang hatte man sich dort gewehrt gegen die Aktionen der NPD, mal mit Humor und mit lauten Kreissägen, mit Weihnachtsmännern oder Putzkolonnen, mal leise und anklagend mit Schwarz-Weiß-Fotografien aus Konzentrationslagern. Ein Bürgerforum war entstanden, ein Verein, der sich engagierte, die Ehrenamtlichen bekamen Preise verliehen und mit ihnen auch Gelder.
"Und dann haben wir überlegt, was wir damit anfangen", erinnert sich Kathrin Meinhardt. Nachdem die Einwohner sich so viele Jahre gegen die NPD-Aufmärsche engagiert hatten, sahen sie nun die Chance, sich für etwas zu engagieren – es war die Geburtsstunde des Musikfestivals. "Keine Gegenaktion sollte es sein, sondern eine Aktion für eine Sache, das war unser Anspruch damals. Wir machen aus unserem Marktplatz ein schönes buntes Fest, haben wir uns vorgenommen, dort feiern wir unser kulturelles, vielfältiges buntes Leben und präsentieren unsere Stadt als die Heimat der bunten Musik."
Und das machen sie in Gräfenberg so erfolgreich, dass ihr Open Mind Festival in diesem Jahr bereits zehnjähriges Jubiläum feiert. Mal sind es hunderte, mal sind es tausend Besucher, die mittanzen.
Organisiert wird das Spektakel allein von Ehrenamtlichen, die erwirtschafteten Gelder werden sozial gespendet. Das Programm soll dabei stets überraschen, soll einladen, neue Dinge zu entdecken, auch mal Musik eine Bühne bieten, die noch unbekannt ist. Und das gelingt mit den Erlangern von #Zweiraumsilke, einem zwölfköpfigen Kollektiv, das sich durch Funk, Hip-Hop, und Jazz swingt. Das Duo Analogue Birds hingegen setzt auf das Didgeridoo, Zauberer Manolo wiederum auf Humor und feine Tricks.
Musiker aus aller Welt
Das Erlanger Musikprojekt Miasin Zam, das ab 20 Uhr auf der Bühne steht, bringt fränkische mit geflüchteten Musikern aus aller Welt zusammen. Bunter geht es kaum, wenn von Volksliedern aus den Heimatländern der Bandmitglieder, über Popsongs bis zum bayrischen Liedgut alles ins Repertoire und auf die Bühne kommt.
Eine Mischung aus Zufall und Planung sei das Bühnenprogramm jedes Mal, erzählt Kathrin Meinhardt, die Teil des zehnköpfigen Organisationsteams hinter dem Event ist. Die Arbeit daran fängt quasi ein Jahr im Voraus an, da werden Live-Auftritte besucht und Sponsoren-Briefe geschrieben.
Das kostet Zeit, das kostet Energie, "und irgendwie", sagt Kathrin Meinhardt, "haben wir uns ja auch entwickelt in den vergangenen Jahren, unsere Leben haben sich verändert und wir können das Festival im kommenden Jahr nicht mehr stemmen." Wenn also sich niemand aufmacht, das Open Mind doch noch weiterzutragen, dann wird die zehnte Ausgabe am kommenden Wochenende die letzte sein, die der Region verkündet: Gräfenberg ist bunt.
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