Dennis ist seit Tagen verschwunden
27.4.2011, 16:49 UhrEs klingt unglaublich: Der Hinweis auf das Verschwinden des Vogelvaters kam aus Kanada. Dort verbringt eine tierbegeisterte Dame viel Zeit vor ihrem Laptop und beobachtet Störche dieser Welt, die sich per Web-Cam filmen lassen.
Da der Lehrer Wolfgang Müller-Britting mit Schülern schon vor Jahren eine Web-Cam am Horst installiert hat und die Bilder über die Homepage (www.bszfo.de) gesendet werden, hatte die Kanadierin auch den Storch Dennis und seine Frau auf dem Bildschirm. Begeistert verfolgte sie die Brutbemühungen der beiden Wahlforchheimer.
Plötzlich war nur noch das Weibchen zu sehen. Einen Tag lang, zwei Tage...Störche wechseln sich beim Brüten ab. Höchstens für ein paar Stunden bleibt einer allein, während der andere Essen herbeischafft. Normalerweise. Da musste also etwas passiert sein.
Die beunruhigte Kanadierin schickte eine Alarmmail ins 7000 Kilometer entfernte Oberfranken. Wolfgang Müller-Britting und der Erlanger Storchenexperte Michael Zimmermann wussten, dass sie schnell handeln mussten, wenn sie die Brut retten wollen. „Die Störchin wird lange Zeit hungernd ausharren, doch dann wird der Selbsterhaltungstrieb siegen“, schätzte Zimmermann. Heißt: Nicht mehr lange und die Vogelmutter verlässt den Horst – womit die Küken in den Eiern endgültig verloren wären.
In trockenen Tüchern
Mit Hilfe der Feuerwehrleiter erklommen die Storchenfreunde den einstigen Schornstein im BSZFO und wickelten die fünf Eier vorsichtig in gewärmte Handtücher. Auf schnellstem Weg ging es zum Nürnberger Tiergarten, wo das Gelege in einen Brutkasten kam.
Das wäre geschafft. Die Frage, die nun alle Storchenfreunde bewegt, lautet: Wo ist Dennis? Müller-Britting fürchtet, dass ihm etwas zugestoßen ist. Auch Zimmermann spricht diese Vermutung aus – wobei ihm die Stimme stockt, denn der Erlanger hat wiederum eine ganz besondere Beziehung zu Dennis.
Es war der Pfingstmontag im Jahr 2003: Der Frühaufsteher Zimmermann radelt bei Sonnenaufgang in Richtung Dannberg (Kreis Erlangen Höchstadt). Ziel: Die Kontrolle eines bereits bekannten Horstes. Durch sein Fernglas sieht er sechs Jungstörche – und etwas Schreckliches.
Die Mutter hackt auf das sechste Junge ein, drängt es zum Nestrand. Offensichtlich schien ihr der Kleine zu schwach zu sein. Zimmermann lenkt die Mutter ab, ruft die Feuerwehr – und rettet schließlich den blutverschmierten Kleinen, der sich nach einer Wurmkur im Tiergarten als kerngesund herausstellt.
Die Geschichte macht unter Tierfreunden die Runde, eine Grundschulklasse aus Gummersbach bei Köln beschäftigt sich intensiv mit Störchen. Sie übernehmen schließlich die Patenschaft für den verstoßenen Jungstorch. Wer den schönsten Storch bastelt, darf dem kleinen Vogel seinen Namen verleihen. Es gewinnt ein Schüler — namens Dennis.
Rührende Wendung
Im Mai 2004 verschwindet Dennis. Wie man anhand des Ringes (A3268) herausfindet, ist er mit einer Schwedin nach Gibraltar gezogen. Schwer gerührt hat Zimmermann nun vor ein paar Wochen erfahren. dass „sein“ Dennis zurück ist und jetzt in Forchheim lebt. Bis zu seinem Verschwinden vor wenigen Tagen. Die schönste Nachricht für die Storchenfans von Franken bis Kanada wäre, dass Dennis wohlauf ist.
Hinweise auf Dennis an: w.mueller-britting@bszfo.de
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