Die Schätze der von Stauffenbergs auf Greifenstein
19.9.2015, 17:00 UhrDie zwölfköpfige Reisegruppe aus allen Teilen Sachsens wartet ungeduldig vor dem großen Holztor, ehe Reiner Benker, der mit seiner Frau Margit die Führungen durchführt, öffnet. Eine kurze Vorstellung und der Hinweis, in den Räumen nichts anzufassen. Dann geht es los. Im großen Innenhof folgen die ersten Erklärungen.
Der gelernte Buchhändler erläutert die Geheimnisse der wuchtigen Sonnenuhr mit vier seltsam geformten Zeigern, um dann darauf hinzuweisen, in welchen Räumen der vor wenigen Wochen verstorbene Otto Philipp Schenk Graf von Stauffenberg zuletzt wohnte. Das fast 1000 Jahre alte Schloss ist seit 300 Jahren Stammsitz der gräflichen Familie.
Nach dem Familienwappen geht es in die Waffenkammer. Hier fallen nicht nur Schwerter und sonstige Hieb- und Stichwaffen aus dem ausgehenden Mittelalter auf, sondern auch eine reichhaltige Sammlung alter Feuerwaffen.
Lungenschuss überlebt
Es folgen die ersten Hinterlader, die von preußischen Truppen in der Schlacht bei Königgrätz erstmals eingesetzt wurden. Der unumstrittene „Star“ in der Waffenkammer ist jedoch eine alte Ulanenuniform aus dem Ersten Weltkrieg mit einer nicht übersehbaren Einschussstelle auf der rechten Seite. Diese Uniform trug der Vater des verstorbenen Grafen, Klemens Schenk Graf von Stauffenberg, als er bei einem Ulanenangriff in feindliches MG-Feuer geriet und in die Lunge getroffen wurde. Er überlebte die schwere Verletzung.
Im Freien ist der Brunnen zu bestaunen, der mit 93 Metern einer der tiefsten in Deutschland ist. An ihm wurde 110 Jahre gebaut, Ende des 16. Jahrhunderts konnte er fertig gestellt werden.
Vor dem Gang in die Schlosskapelle, kommen die Lateiner auf ihre Kosten. Weniger der Spruch über dem Eingangsportal selbst, als die Botschaft der hervorgehobenen Buchstaben sind von Interesse: Sie geben (in römischen Ziffern) das Baujahr der Kapelle preis.
Geschichtsträchtiger Drehort
Nebenbei erklärt Reiner Benker anhand einer aus ihrer Halterung abnehmbaren Lampe augenzwinkernd den Begriff „Armleuchter“. Auf dem weiteren Weg erfahren die Besucher, dass der Film „Die Erntehelferin“ mit Christine Neubauer vor acht Jahren teilweise auf Schloss Greifenstein spielte.
Es folgen nachdenkliche Momente, als Benker im nächsten Raum, neben einer Büste von Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg stehend, die Ereignisse der Tage nach dem 20. Juli 1944 schildert.
Bei einem Treffen in der Wolfsschanze sollen Hitler, Himmler und Keitel den Beschluss gefasst haben, alle „Stauffenbergs“ auszulöschen. Gefundene genealogische Listen der Gestapo aus diesen Tagen lassen diesen Rückschluss zu. Doch das Geschlecht überlebte. Und obwohl das Schloss nach dem Hitlerattentat am 20. Juli 1944 von der Gestapo in Besitz genommen wurde und nach dem Krieg amerikanische GIs einzogen, wurde kein einziges Utensil aus seinem Inneren entwendet.
Fast 500 Jahre alt
Weiter geht es in die Bibliothek, wo Benker zur Hochform aufläuft. Das älteste der dort ausgestellten Bücher stammt aus dem Jahr 1530 und erzählt die Geschichte eines Ritterturniers mit genauer Beschreibung, wer mit Ross und Lanze gegen wen kämpfte. Stilvoll geht es im Herrenzimmer zu. Hier setzt neben zahlreichen Wandtellern aus Porzellan, die alle eine eigene Geschichte haben, ein kunstvoll verzierter Schrank Akzente. Der Schreiner hatte im 19. Jahrhundert 40 Jahre lang 19 verschiedene Holzsorten verarbeitet.
„Das Schloss selber ist ja von außen schon eine tolle Sehenswürdigkeit. Wir hätten nicht gedacht, dass es im Inneren so viel Interessantes zu sehen gibt“, erklärt eine Touristin aus Meisen.
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