Forchheim: Drogen im Darknet bestellt?
21.12.2016, 16:46 Uhr„Ich muss doch als Richterin nicht jede abstrakte Möglichkeit, die ich für unwahrscheinlich halte, zugunsten des Angeklagten annehmen“, findet Schneider. Der „große Unbekannte“ hatte wieder zugeschlagen, zumindest wenn man dem Angeklagten Glauben schenken wollte. Der erklärte, er habe niemals Drogen bestellt und schon gar nicht damit gedealt. Ein Unbekannter habe im Darknet eine schokoladentafelgroße Platte Haschisch bestellt und an die Adresse des Angeklagten mit der Post verschickt.
Ins Rollen waren die Ermittlungen geraten, als der Drogen-Großhändler im Raum Aachen aufflog und man seine Vertriebskanäle bis nach Franken überprüfte. Der Polizei gelang es schließlich, eine der 100 Gramm schweren Sendungen an den Angeklagten abzufangen. Bei der folgenden Hausdurchsuchung im Dezember 2015 fanden sich bei ihm nur einige wenige Gramm Haschisch (getrocknetes Harz) und Marihuana (getrocknete Blüten und Blätter), sowie ein Hanf-Tabak-Gemisch zum Rauchen.
Zweifel am Unbekannten
„Das mit der Post ist ein sehr unsicherer Vertriebsweg“, so Staatsanwalt Stefan Meyer (Bamberg). Dabei sei die Gefahr, dass etwas verloren gehe oder entdeckt werde, sehr groß. Gerade wenn, wie im vorliegenden Fall, nicht einmal ein Einschreiben geschickt werde, sondern eine einfache Briefmarke aufgeklebt sei. Auch das kam Strafrichterin Schneider komisch vor. „Wie soll jemand, der nicht bei Ihnen im Haus wohnt, erfahren, wann der Brief mit den Drogen ankommt?“ Eine Sendungsverfolgung sei für einen Unbekannten gar nicht möglich. Der „große Unbekannte“ müsse ja täglich auf der Lauer liegen.
Der Angeklagte solle doch lieber zugeben, die Menge für den Eigengebrauch bestellt zu haben, dann könne man den Vorwurf des Handeltreibens fallenlassen. „Neulich hatte ich einen Fall, bei dem jemand kiloweise bestellt hat, weil es günstig war.“ Im Übrigen sei er nicht der Erste, der deswegen vor ihr sitze.
„Sie haben nichts gegen meinen Mandanten, außer einem Adressaufkleber“, betonte Rechtsanwalt Marcus Fischer (Erlangen). Deshalb hatte der Verteidiger gegen den Strafbefehl, der seinen Mandanten 90 Tagessätze à 40 Euro, also 3600 Euro, gekostet hätte, Widerspruch eingelegt und das Gerichtsverfahren erzwungen. Wohl auch, weil ein Verurteilter ab 90 Tagessätzen als vorbestraft gilt.
Es gebe keinen Nachweis von Bestellung und Bezahlung. „Das ist ja gerade der Gag im Darknet, dass nichts nachvollziehbar ist“, so Schneider. Demnächst sollen weitere Zeugen gehört werden. Außerdem werden Chat-Protokolle verlesen.
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