Forchheimer Schach-Experte veröffentlicht Buch

28.3.2013, 10:00 Uhr
Forchheimer Schach-Experte veröffentlicht Buch

© Güldner

„Seit 60 Jahren hat es mir keine Ruhe gelassen. Ständig hat diese eine Fernschach-Partie in meinem Kopf herumgespukt. Es war ein Duell auf des Messers Schneide.“ Hätte das Remis vermieden werden können? Hätte man bessere Züge finden können? Und falls ja, wie? Hans Jörg Matheiowetz wollte es dann Mitte der 50er Jahre, als er nach studienbedingten Intermezzi beim SC 1868 Bamberg und der SG Freiburg, noch bei der Schachgruppe von Siemens Erlangen auf Königsjagd ging, ganz genau wissen. Jahrzehntelang kam ihm jedoch sein Beruf dazwischen, so dass erst der Ruhestand die zeitlichen Quellen sprudeln ließ.

Dann widmete er sich der Mammutaufgabe aber umso intensiver und konnte dabei auch eigene Analysen, die er seit Anfang der 1970er Jahre angestellt hatte, einfließen lassen. „Ich will beweisen, dass Schach in allen Phasen ein logisches Spiel ist.“

Aus Ärger über Analysen in der Schachliteratur, die häufig wissenschaftlichen Standards nicht genügen, die Vieles ungeprüft übernommen und Falsches nicht korrigiert haben, hat er vor zwölf Jahren damit begonnen, Material zu sammeln und zu sichten. „Das war deutlich schwieriger als zuerst gedacht. Deshalb hat sich die Recherche auch so lange hingezogen.“

So fehlt bei vielen Partien oder Fragmenten der Hinweis, in welchem Turnier sie vorkamen. Auch die Begleitumstände, warum es zu diesen Wettkämpfen gekommen sei, warum ein Spieler unbedingt auf Sieg zu spielen hatte, und andere historische und psychologische Fußnoten kommen bei Hans Jörg Matheiowetz zur Sprache. Der hat sein umfassendes Werk übrigens ohne Internet-Recherchen geschrieben.

Der Weg in die Bibliotheken und Archive hat zugleich etwas rührend Altmodisches, schärft aber zugleich den Blick für das Wesentliche. Die Hinwendung zum Gedruckten ermöglicht eine umsichtige Prüfung, exaktes Arbeiten und die nötige Konzentration. „Ich wollte nicht abgelenkt werden.“

Die eigentliche Leistung besteht darin, dass der langjährige Schach-Praktiker allen Vorgängen auf dem Schachbrett, sei es Eröffnung, Mittel- oder Endspiel gerecht werden wollte. „Ich habe immer nach dem Schlüssel in jeder Partie gesucht. Was die objektiv besten Züge sind.“ Prägnante Beispiele hochklassiger Meister, „in denen es um Alles oder Nichts geht“, erläutert der Autor. Denn mit jedem Zug verändert sich die Kraft der Steine, was mit rationalem Denken und nicht mit praktischer Erfahrung begründet werden soll. Die systematische Argumentation mündet in geradezu mathematische Genauigkeit, so wenn er den Wert der Figuren in verschiedenen Konstellationen errechnet. Vor zwei Jahren hat Hans Jörg Matheiowetz, der 1948 beim Schachklub Hirschaid mit dem Königlichen Spiel in Berührung kam, und der danach bis 1977 den Schachabteilungen des VfB Forchheim und der SpVgg Jahn Forchheim angehörte, die Figuren endgültig in die Schachtel geräumt.

„Die Kondition macht vier- bis sechsstündige Partien nicht mehr mit.“ Ausgerechnet als er mit seinem Opus magnum die Grundlagen für die objektive Einschätzung von Schachstellungen vorgelegt hat, und er selbst daraus hätte Nutzen ziehen können. „Dann sollen andere davon profitieren, vor allem die Jugend.“

Hans Jörg Matheiowetz: Schachanalytik. Hollfeld: Joachim Beyer Verlag 2012. 348 Seiten, 317 Diagramme, gebunden, 59 Euro.

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