Gräfenberg feiert sein achtes Open-Mind-Festival
15.9.2014, 07:00 Uhr„Komaläufer“, vier Soft-Deutschrocker aus Frankfurt, übernehmen das Opening: sinnige Songs mit Tiefsinn, Texte, die aufhorchen lassen. Der 18-Uhr-Gig ist für die Jungs kein leichter Start. Spontane Fans haben die Frankfurter aber auch hier: „Die Band eben fand ich ganz gut“, sagt Jill Pförtner, die mit Caro Kilgenstein und deren Bruder Felix die erste Schicht am Einlass übernimmt. Sonst hört die 15-Jährige zwar eher Charts. Beim OMF mitzuhelfen, ist für sie trotzdem selbstverständlich. „Das Festival gehört einfach zu Gräfenberg. Außerdem wächst man da ganz automatisch rein, wenn man eine Mutter hat, die zu den Mitbegründern zählt“, sagt sie und spielt auf Karin Bernhart an. Leute aus Jills Altersklasse sind dennoch rar: Auf dem Land sind Kerwa-Livebands eben nach wie vor bekannter und vor allem: günstiger im Eintritt.
„Torpus & The Art Directors“ haben deshalb auch Cover-Songs im Programm. Die dienen aber nur dem Warm-up. Richtig gut sind die Friesen aus Niebüll bei Hamburg mit ihrem charaktervollen eigenen Stil: einer Mischung aus Seefahrer-Folk und Küsten-Country. Zum Einsatz kommen neben Gitarren und Kontrabass auch Banjo, Mandoline, ein Holzorgel-Harmonium und eine PedalSteel-Guitar. Die Männer mit Tweedmützen und Leinenhemd, lässigem Kord und warmen Akkorden, und der kecken Lady am Kontrabass setzen starke Akzente.
Zum zweiten Mal dabei
Dagegen wirkt die bunt zusammengewürfelte Internationalität der Nürnberger Ska-Combo „La-Boum“ fast schon wie Lokalkolorit: Schmissiger Gipsy, Polka, Pop, Indie und Balkansound sind der passende Background einer Großstadt mit 90 Nationen, deren Klangkulisse bis nach Gräfenberg reicht: „La-Boum“ sind zum zweiten Mal beim OMF dabei. Jetzt, im September, feiert die „Straßenmusik-Guerillatruppe“, wie sie die Veranstalter nennen, ihr 20. Bühnenjubiläum. In Gräfenberg wurde schon mal kräftig darauf angestoßen.
Unter den Festivalgästen stechen drei Gesichter besonders hervor: Adrian Wille, Simon Burkhardt und Jonas Hoffmann, die Musiker von „Komaläufer“. „Es ist schon was anderes, vor Leuten zu spielen, die man nicht kennt“, sagt Adrian. In den Frankfurter Clubs hätte man halt meistens bekannte Gesichter um sich, Freunde und so. Gelegenheit zu neuen Freundschaften bietet auch Gräfenberg: Wie man hört übernachten die Frankfurter Jungs bei einem der Veranstalter. Und Jonas lobt die „nette Atmosphäre“ und die „Rundum-Betreuung“.
Später mischen sich auch die Jungs von „Torpus“ unter die Tänzer, plauschen mit den Veranstaltern, feiern mit. Auf kaum einem anderen Festival kommt man wohl leichter in Kontakt mit jungen Bands. Bisher tragen nur die Helfer ein Festival-Shirt. „Es wäre ein Ausdruck der Solidarität, wenn auch die Gäste eins tragen würden“, sagt Mitveranstalter Stephan Trykowski. Das legendäre Zwergen-Shirt des Bürgerforums – ein Gartenzwerg stemmt sich gegen Neonazis – gibt es beim Kauf heuer gratis dazu.
„Die, die da sind, sind begeistert. Wer nicht da war, hat etwas verpasst“, so Veranstalter Michael Strößenreuther gegen Ende eines Abends mit geschätzt 300 Besuchern. Inzwischen kommen nach so viel handgemachter Musik die Freunde der elektronischen Musik auf ihre Kosten: „Pitchtuner“ aus Berlin, der diesjährige Headliner, packen den Platz in Synthie-Sounds. Strößenreuther verspricht: „Bis zum Zehnjährigen 2016 halten wir auf jeden Fall noch durch.“
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